Schule des Rades

Arnold und Wilhelmine Keyserling

Ars Magna

V. Magie · Das Tor des Südens

Das Indianerrad

Wakhan und Skwan haben sich vereint, um Sonne und Erde zu schaffen. Sonne ist nun Großvater, Erde Großmutter.

I n d i a n e r r a d

Aus ihrer geschlechtlichen Verbindung entstehen all unsere anderen Verwandten.

Das Holon aus indianischer Sicht
H o l o n
  1. ist Großvater Sonne, die Kraft des Feuers, der Vitalität. Sie gehört zum Osten, zur Erleuchtung und Inspiration.
  2. ist Großmutter Erde im Westen, die Mineralwelt, die Kraft des Beharrens, aber auch der Introspektion, der Magie und der Heilung, wo Licht zu Kraft wird, sie bestimmt das Wollen.
  3. sind alle heiligen Pflanzen, die die Kraft des reinen Strebens verkörpern, die Senkrechte aufweisen, und Energie in Masse verwandeln, wie auch der Mensch geistige Bilder mittelbar in der Kunst und unmittelbar in der Magie verkörpern kann. Sie sind im Süden, haben Unschuld und Vertrauen und bilden den Schwerpunkt der Seele.
  4. sind alle heiligen Tiere, die ihre Rolle im Werden und Vergehen haben. Sie bilden die Kraft des Nordens, des Verstehens und der Weisheit, der Strategien des Lebens; wenn der Mensch bereit ist, von ihnen zu lernen, dann findet er seine Wirkwelt, seine Instinkte, die durch die spiegelnde Reflexion bis zum Augenblick des Erwachens des wahren Denkens verhüllt bleiben.
  5. sind die heiligen Menschen, solche, die die innere Stimme, den Zeugen vernehmen und für andere leben, anstatt sich egoistisch zu verschließen. Sie sind in der Mitte des Rades, aber als Zahl 5 im Süden der Mitte. Der eigentliche Mittelpunkt ist die Null, gleich der Einheit von Wakhan und Skwan. Vom Süden her wird die Mitte als Normalität erlebt, der Mensch hat wieder das Urvertrauen, dass die Welt in Ordnung ist. Er ist in indianischer Formulierung das Tier: das für Vision und Orgasmus, transpersonal körperlicher Liebe befähigt ist. Nur als solcher ist er Tieren, Pflanzen, Steinen und dem Feuer ebenbürtig, kann von diesen lernen, um seine Stellung im Kosmos als lebendes Pentagramm zu erreichen. Seine Fähigkeit ist das Sprechen, die verbale Kommunikation, durch die die echte menschliche Kommunion entsteht.

    Feuer, Mineral, Pflanze und Tier sind Bewusstseinsschichten des Menschen als Seele. Doch diese ist in einem weiteren Zusammenhang. Die Indianer zählen im Fünfersystem:

    1 bit 2 bitbit 3 bitbitbit 4 bitbitbitbit 5 ivebit

    Fünf ist der Strich, der die Kontinuität schafft. So haben sie in ihrer Schreibweise die pythagoräische Erkenntnis der fünf Dimensionen von der nullten Zeitdimension bis zur vierten Raumdimension des Kontinuums der Schwingungen vorweggenommen.

  6. 1+5. Sechs beginnt einen neuen Fünferabschnitt. Der einzelne Mensch, aus der Inspiration befruchtet, findet Zugang zum Geist, zur Welt der Ahnen, die das Leben der Gesellschaft bis heute getragen haben und noch an der Welt mitwirken. Hierzu gehören auch unsere eigenen früheren Inkarnationen. Sie sind nun nicht mehr aus der Mitte der Himmelsrichtungen, sondern von außen begegnend zu erleben, und ihr Ort ist rechts vom Osten, im Südosten. Zwischen Erleuchtung, neuer Inspiration, und Seele, Substanz oder Wesen, bilden sich die verselbständigten geistigen Inhalte.
  7. 2+5. Zur Norm tritt die Motivation des Körpers, des Wollens, dessen Anlage eine eigene Verwirklichung anstrebt. Es ist der Traum des Lebens, das Genom, aus welchem sich der Leib nach dem gleichen Schlüssel immer wieder bildet und erneuert. Der Körper steht zwischen Süden und Westen, zwischen der Seele und dem beharrenden Wollen. Ein Konglomerat materieller Zellen im Westen wird durch den Süden für die Zeit des Lebenstraumes zu einer Wirkeinheit, die der Mensch hat und nicht ist.
  8. 3+5. Zur Norm tritt die Fähigkeit des Wachsens aus Vertrauen und Unschuld, die durch das Fühlen bestimmt wird. Nur im Rahmen der 8 ist die Vollständigkeit der inneren Signale zu erreichen, erkennt man die Triebe, die Befriedigung heischen, um Heiterkeit in der Gemeinschaft zu verwirklichen, wobei jeder unbefriedigte Trieb ein schmerzlich erlebter Mangel bleibt. Fühlen ist zwischen Wollen und denken, zwischen der Eigenheit und der Möglichkeit von Strategien zur Verwirklichung der Wünsche und Triebe, daher im Nordwesten; es ist der Heilige Kreis des Gesetzes, den wir im I Ging betrachtet haben.
  9. 4+5. Zur Norm tritt die Fähigkeit, Strategien praktisch einzusetzen, und Rollen in der funktionalen Gesellschaft zu übernehmen, Energiebewegungen zu unterscheiden und zu verwenden, und damit das Empfinden. Als tonale Funktion ist es ein Beobachten und Feststellen; nagualisch bedeutet es, Inspirationen durch Dinge und Ereignisse als Warnungen und Zustimmungen der Welt zu verstehen, und so die große Gemeinsamkeit in der Bewegung zu erreichen. Dass die Neun die Gesamtheit der Bewegungen der Wirkweisen bedeutet, haben wir schon im Enneagramm verstanden.
  10. 5+5. Mensch und Mensch ergibt den allgemeinen Bewusstseinsrahmen in Zahl und Maß. Es ist das Rad selbst, wie wir es dargestellt haben, als Urgrund jedweden Verstehens. Als Grundlage aller Kompetenz und Macht steht es im Norden der Mitte.
  11. 10+1. Alle Sonnen. Die Inspiration für alle Menschen ist wieder im Osten. Während 1 die Instinkte der Selbsterhaltung bedeutet, oder die Inspirationen zur Entfaltung der persönlichen Anlage, bedeutet 11 einen Mythos, der Menschengruppen umfasst und mitreißt, wenn man als Mythos jene Definition von Kerényi annimmt, dass dieser sich als stärker erweist als der Selbsterhaltungstrieb und selbst den eigenen Tod verlangen kann.
  12. 10+2. Alle Erden. Sämtliche Motivationen politischer Art stammen aus diesem westlichen Impuls; solche, die Menschengruppen oder die Gattung selbst angehen, also der Kampf gegen kollektive Missstände. Er äußert sich in der mitreißenden Kraft von Revolutionen, die das persönliche Leiden vergessen lassen. Heil und Unheil im Buch der Wandlungen gehören zu dieser Runenkraft.
  13. 10+3. Der Geist aller Pflanzen, wieder im Süden. Die Indianer verehren White Buffalo Woman, die den Menschen die Tabakspfeife geschenkt hat, um ihnen den Zusammenhang mit dem Himmel zu eröffnen. Gleichzeitig ist dies aber die Helferin im Jenseits, die hinter der eigenen Mutter stand, sobald diese instinkthaft handelte. Sie steht dem Menschen das ganze Leben als Göttin bei, und wenn es ihm gelingt, ihr Bild von der tatsächlichen Mutter und ihrer Stellvertreterrolle zu lösen, dann erreicht er das Grundvertrauen.
  14. 10+4. Der Geist aller Tiere. Auch die Wesenheit hinter dem irdischen Vater, der Helfer, der einen befähigt, nicht mehr zu scheitern, Vertrauen in seine Kompetenz zu gewinnen, und damit Verantwortungen anzunehmen, die das Wohl anderer zum Ziel haben.
  15. 10+5. Die Person hinter der Gattung, der Mensch im All. Dies ist das Urbild aller Religion, der immanente Gott, der Große Mensch im Tierkreis. Sobald sich der Mensch in einem Anliegen, das überpersönlich ist nach Osten wendet, erlebt er jene Antworten, die für ihn in Beziehung zur Gattung wesentlich sind. 15 befindet sich daher im Osten der Mitte.
  16. 15+1. Das Bewusstsein der Gattung wird durch die Avatars weitergetragen und inspiriert, die Brückenbauer wie Christus, Buddha, Mohammed, Ramana Maharshi, für mich aber auch Gurdjieff, Hauer, und die indianischen Großväter. Sie bilden die höhere Oktave der 6 im Südosten, man kann sich an sie wenden, wenn man wissen will, wie die eigene Geistigkeit anderen förderlich werden kann, da sie die echte Selbstlosigkeit verwirklicht haben.
  17. 15+2. Die Motivationen der Menschheit, bei den Hopis die Kachinas, werden erlebbar als Visionen der Naturgeister, der Gestalten der Mythen und Märchen, der Undinen des Wassers, der Sylphiden der Luft, der Gnomen und Trolle der Erde und auch der Salamander des Feuers, jener Wesen, die dauernder Verwandlung fähig sind. Alle freie, averbale und bildhafte Vision stammt von ihnen, sie sind auch unbewusst hinter allen phantasievollen Handlungen. Ihr Anrufungsort ist im Südwesten.
  18. 15+3. Die Karmameister sind die Erzengel, die dafür sorgen, dass alle Wesenswünsche in Gerechtigkeit erfüllt werden, sodass jeder seinen Platz als wachsendes Wesen im höheren Fühlen findet. Sie muss man verständigen, wenn man sein Leiden aufgibt, wenn man seine Wahrheit erreicht, wenn man auf Krankheiten verzichtet und fortan aktiver Mitarbeiter der Evolution werden will. Durch Reue werden sie zugänglich. Sie beurteilen den Menschen nicht, sondern bestätigen ihn in den Intentionen, die er sich setzt. Ihr Ort im Kreis ist der Nordwesten, als höhere Oktave der 8. Sie sind die Bitter des Gesetzeskreises.
  19. 15+4. Sie sind die Großen Weisen, die Buddhas des All, von denen alle Inspirationen der Verwirklichung, der Gestaltung, des Empfindens herrühren, und die jedem auf Frage offen stehen, sobald er die Illusion aufgegeben hat, dass er irgend etwas selbst erfindet. Sie halten jene Inspirationen für die Menschheit bereit, die ihr im augenblicklichen Entwicklungszustand im Zusammenhang mit ihrem Wissen und Wirken weiterhelfen können.
  20. 15+5. Dies ist die Vollendung der Menschlichkeit; es ist der Große Geist, der Tod, der Ausgleich aller Gegensätze; aber nicht der Tod als Leiden, sondern als Quell allen Lebens. Wenn wir uns ernähren, so geschieht dies notwendig durch Vernichtung von Lebendigem. Der Große Geist ist heilig, Wakhantanka; er ist das, was heilig macht; als Heiliger Geist ist er dem Ursprung der Null, Wakhan Skwan, Urmutter und Urvater gleich. Doch eröffnet er sich nur der Gewissenserforschung und ist somit im Westen.

Damit haben wir das Sippengesetz der Eh-Rune, den Evocation-Count umgriffen. Anrufung bedeutet, sich auf die Ebene des Verstehens und der Integration des Angerufenen zu erheben, mit ihm von gleich zu gleich zu verkehren und dadurch den entsprechenden Überblick zu gewinnen. Der Magier fordert die Wesen auf, sich zu manifestieren. Er tut dies nicht demütig, sondern als Krieger, in Bereitschaft des immer möglichen Todes. Sie antworten ihm, weil es ihre Aufgabe ist, alle Wesen der Welt in der großen Harmonie zu fördern und zu erhalten — und weil sie mindestens so wirklich sind wie ein körperlicher Helfer und Freund, den wir rufen.

Arnold und Wilhelmine Keyserling
Ars Magna · 1982
Kriterien der Offenbarung
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD