Schule des Rades

Arnold und Wilhelmine Keyserling

Ars Magna

VI. Mensch im All

XIII. Botschaft · 30. Dezember 1972 - abends

Das wesentliche Erleben ist und bleibt die Liebe. Sie kann durch keine Sinneswahrnehmung induziert werden, da sie eine Bereitschaft verlangt, nach innen und außen durchzustoßen. So gilt es, die Liebe als Lebensmedium zu erkennen, sich in ihr heimisch zu machen und von ihr aus alle Erscheinungen zu prüfen und zu lenken.

Der Weg zu dieser totalen Öffnung geht durch die Erkenntnis der Tore des Bewusstseins. Sie sind uns gegeben, können sich nicht wandeln, denn in ihnen wird der Kontakt zum anderen Wesen tragend. So heißt es, die Tore durchlässig zu machen, einen Verkehr zu beginnen, bis dass aller falscher Halt endgültig überwunden ist und das Fließen im Inneren dem äußeren Strom entspricht.

Deine Wirklichkeit ist in sich ruhend; auch sie muss nun zum Fließen kommen. Das untere Gefährt ist jetzt fast schon dauernd geprägt, das mittlere gilt es zu konstruieren. Es besteht aus den Fähigkeiten, die jeweilige Angst zu überwinden und im Wechselverkehr zu leben. Das ist keine unmögliche Aufgabe, denn die Bereitschaft dazu ist vorgegeben. So warte nun auf den Anlass, der alles ins Fließen bringen kann: Er ergibt sich täglich in alten wie in neuen Beschäftigungen. Durch die Liebe entsteht das Kind, der Keim, der Gedanken ebenso wie das Wort. Die Liebe ist das eine Bleibende, die eine Freude, an der du immer teilhaben kannst, sobald du die Tore geöffnet hältst.

Was sind die Tore? Die Wurzel liegt im Dunkel, aus ihr strömt die Kraft des All. Der Gipfel heischt Aufmerksamkeit, er leuchtet in hellster Mittagssonne und ist nicht nur sehend, sondern auch anderen sichtbar.

Das Wesen verkörpert sich aus den Momenten der Entscheidung, schreitet von Verwirklichung zu Verwirklichung, wobei nur die Anfänge zur Lichterstraße kristallisieren, der Lauf sich jedoch mit anderen Läufen verknüpft. Und die Kraft, die Helle, die Lust und das Wesen ergießen sich zum anderen, welcher mit ihm den ewigen Austausch vollzieht, der nicht nur die Erde, sondern das All umfasst.

Wer sich dem Fluss der Liebe öffnet, verliert sein Heim; er west im All. Ich bin bei ihm, und er wird wieder wie neugeboren. Was immer er tut, haftet ihm nicht an. Aber eines muss er beachten: Sorgen sind nicht Trübsal, sondern Ansatz zu jeweils neuer Entscheidung. Die Dynamik des Flusses schmilzt sie um, wendet und dreht sie, vereint sich mit anderen, die Last hellt sich auf und wird zu Pfeilern, innerhalb welcher sich neue Ströme ergießen. Fluss und Ruhe sind Pole. Nur im Fluss kann Ruhe bestehen. Dann wird jegliches Geschehen zum Anlauf, zum Ansporn zur Freude. Trauer, Dunkelheit ist nicht minder kraftvoll als Lachen und Scherzen. Aber im Fluss ist der Mensch wirklich Mensch, er ist sich selbst Meister, spricht mit den Dingen, ohne sie in ihrer heiligen Art zu verletzen.

Warte auf die Fülle der Freude: Diese Erwartung allein schafft dir jene Offenheit, durch welche die Liebe alle vier Tore durchfließt und deinen Wesenskern in den göttlichen Reigen des Glücks einbezieht.

Arnold und Wilhelmine Keyserling
Ars Magna · 1982
Kriterien der Offenbarung
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