Schule des Rades

Arnold Keyserling

Das magische Rad Zentralasiens

VI. Meisterspiel

Herz Karten

Fühlen ist Teilhabe an der Liebe, die Entfaltung des Selbst, dessen Sehnsucht sich auf Befreiung und Erlösung richtet. Die Kennworte des Geist-fühlens bezeichnen Etappen der Entfaltung, die wir als Krisen im Nacheinander im zweiten Kapitel beschrieben. Im Unterschied von empfinden und denken überfallen einen die Triebe als innerer Drang, dem man nicht entrinnen kann. Man muss den Mangel als Ausgangspunkt akzeptieren. Das Fühlen entfaltet sich aus dem Mikrokosmos; die Zahlenordnung ist gegenläufig zum Makrokosmos. Bei den chemischen Elementen des periodischen Systems ist Quantität wirklich Qualität. Silber ist 47, Gold ist 79 als Anzahl der Protonen und Elektronen, die die Qualität bestimmen.

Doch genauso wie wir die Kennworte der Materie frei kombinieren, können wir dies auch mit den Motivationen; wir sind nicht an ihre natürliche Zeitfolge gebunden. Wenn uns gelingt, die Herzkarten zu integrieren, dann können wir viel unnötiges Leiden vermeiden.

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1. Grundvertrauen - Mond
Das Kind im Mutterleib erlebt sich als Einheit mit der Mutter und hat keine Sorge ernährt zu werden. An die Stelle der physischen Mutter muss die Erde treten, und mit ihr das Vertrauen, dass man immer imstande sein wird, sein Auskommen zu finden.
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2. Anpassung - Venus
Man findet das Auskommen in Gemeinschaft mit anderen Menschen. Wenn man von ihnen erwartet, dass sie einem wohl wollen, dann tun sie es. Anpassung als Kennwort ist nicht negativ im Sinne des Behaviorismus zu interpretieren, sondern bedeutet, der Welt und den Mitmenschen durch Einfühlung gerecht zu werden.
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3. Inbild - Jupiter
Hat man seinen Platz in der Anpassung gefunden, so erfährt man eines Tages die Verschiedenheit des Ich von dem der anderen, die einem als Inbild, als höchste Möglichkeit aufleuchtet. Auf dieses bezieht sich die Vorstellung der Würde, der Autorität, welches Wort Urheberschaft seiner selbst bedeutet.
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4. Strategien - Pluto
In der Anpassung gibt es keine Probleme mit anderen. Doch das Inbild verlangt, sich als verschiedener in der Gesellschaft zu behaupten. Strategie bedeutet das Geschick im Sinne der chinesischen Kriegskünste immer zu gewinnen, indem man das, was man tut und was einem zustößt, als nächsten Schritt betrachtet.
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5. Norm - Saturn
Strategien sind dauernd zu erneuern. Erreicht man eine öffentliche Stellung, die von der Gesellschaft nützlich gehalten wird, braucht man nicht mehr dauernd auf Stategien zurückzugreifen. Dem approbierten Arzt glaubt man, dass er bestrebt ist zu heilen; dem Beamten gibt man die Anständigkeit vor, bis er sich als unwürdig und korrupt erwiesen hat. Beruf ist nicht geistige Berufung, sondern eine nützliche Funktion für die öffentlichkeit.
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6. Werten - Mars
Von einer anerkannten Stellung aus kann man daran gehen, auch das gesellschaftliche Leben mitzugestalten und zu fördern. Hierbei muss man die richtigen Werte setzen und sich nicht von kollektiven Marsimpulsen mitreißen lassen, wie das immer wieder in Revolutionszeiten geschieht. Auch im privaten Bereich muss man wissen, was für einen das Vordringlichste ist.
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7. Individuation - Merkur
Der Merkur der Herzkarte ist Hermes Trismegistos der Alchemie, in allen drei Welten zuhause. Wer sich im Kampf auf seinen Mut verlässt und den Tod nicht fürchtet, kann Fügungen als Leitfaden seines Daseins gebrauchen. Wenn einer die Individuation erreicht, ist er gleichmütig; er weiß dass die Welt ihm im Grunde wohl will und der richtige Weg entsteht, wenn er den Zeichen vertraut und nach ihnen handelt.
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8. Mantik - Uranus
Das Eisen, die mikrokosmische Entsprechung, verbindet Himmel und Erde, ursprünglich entstammt es den Meteoren. Auch das religiöse Opfer hat eine doppelte Bedeutung, Himmel und Erde vereinen sich im Tun. Mantik verlangt die Kenntnis der Gesetze von Raum, Zeit und Zahl, um das Heilige in der profanen Welt zu verwirklichen, so dass es immer wieder zur Zuflucht werden kann, im Orakel, im Feiern von Festen und in bestimmten Initiationsabläufen.
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9. Mystik - Neptun
Sind die Kriterien der Mantik bekannt, dann ist der nächste Schritt die unmittelbare Wahrnehmung des Jenseits. Das Selbst ist fähig, die Fernsinne des Auges und des Ohres kosmisch und transzendent zu verwenden. Man erreicht ein unmittelbares Wissen, ohne beschreiben zu können, wie man dazu kommt. Man hat am morphogenetischen Feld teil, an der Sprache des Himmels und des Gewahrseins. Es ist die mystische Erfahrung, die im diesseitigen ihren Niederschlag findet.
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10. Güte - Sonne
Die Herzkarten der Motivation sind aus dem Mikrokosmos gesteuert. Die Edelgase vollenden den Achterring, aber sie zeigen auch gleichzeitig die Ordnung der Chakras. Diese entsprechen den Elektronenschalen im Atom. In der innersten Schale sind nur Wasserstoff und Helium; alle schwereren Atome habe diese Schale unverändert. So ist die Vereinigung von Ich und Selbst die Voraussetzung der Befriedung und damit der Güte. Sie ist chinesisch als Wasser symbolisiert, und das Wasser als gesättigtes Molekül hat die Zahl 10, H₂O, zwei Wasserstoffelektronen und acht Sauerstoffelektronen. So kann das Wasser, Grundlage allen Lebens, Kraft und Information aufnehmen. Flüssige Kristalle sind die Grundlage des genetischen Codes, und das Bewusstsein kann sich wie im Weihwasser auch in heiligen Quellen und Teichen sowohl mit Kraft als auch mit Licht sättigen. In vielen Traditionen wäscht die Taufe die karmische Vergangenheit ab, so im Asklepiosmysterium in Kos.

Die Drei Wasserzeichen des Tierkreises nehmen dieses Ziel der Güte vorweg. Sie prägen die tiefste Sehnsucht des Menschen. Der Islam kündet: hinter jedem Trieb steht die Sehnsucht nach Allah, welches Wort den Wunsch des Verdurstenden in der Wüste nach Wasser ausdrückt.
H e r z - B u b e
Bube - Fische - Glaube
Glaube ist das Bekennen des Weges der Läuterung als Sinn des Daseins. Wer zum Glauben durchstößt — und dieser ist an keine Tradition gebunden — der ist nicht mehr der Welt verhaftet; der Weg zur Neuen Erde ist frei.
H e r z - D a m e
Dame - Krebs - Familie
Die Geschichte der Menschheit begann in der Konstellation Krebs. Die soziokulturellen Tradition war in der Jungsteinzeit keine praktische Wissensübermittlung, sondern die Erziehung der Kinder zur Erkenntnis des offenbarten Lebenssinnes, wie es sich in den ältesten Stämmen und Klans rein erhalten hat. Der Schwerpunkt des Heims und der elterlichen Fürsorge ist die Einfühlung. Nicht die künftige Tüchtigkeit steht im Vordergrund, sondern die Tatsache, dass jeder Mensch der Gottheit gleich lieb ist und daher auch die Eltern in der Familie keinen Wertunterschied zwischen den Kindern setzen dürfen.
H e r z - K ö n i g
König - Skorpion - Tod
Das Leben ohne Wissen des Todes bleibt sinnlos. Der Skorpion ist das Tor zur Urkraft. Er erlöst im Stirb und Werde aus den Assoziations­ketten des Alltags, und eröffnet damit die Fähigkeit zum Ergreifen von Gelegenheiten, zur Zukunft. Diese wird über die Transzendenz zugänglich, wenn man sich im Sinne der Pikkarten ihren Mächten überantworten kann.
Arnold Keyserling
Das magische Rad Zentralasiens · 1993
Schlüssel der Urreligion
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD