Schule des Rades

Wilhelmine Keyserling

Das Nichts im Etwas

Vijnana Bhairava Tantra

Urkraft - Betrachtung

9
Wer das fünffältig umkreiste
Pfauenauge meditiert,
stürzt in den Abgrund seiner Mitte,
in die unvergleichbare Leere.
10
Leere Wand — klarer Himmel —
erhabenes Gefäß
in dem köstliche Wohltat
sich sammelt.
11
Bei verschlossenen Lidern
Betrachtung des inneren Himmels.
Wenn die Vorstellung allmählich versiegt,
Gedanken innehalten,
wird das
unermeßlich Unterscheidbare
unterschieden.
12
Der mittlere Zufluss
ist das, was sich da-zwischen hält:
der feinsten Faser eines Lotusstengels gleich.
Wer dessen innewird
dem offenbart sich
das göttliche Licht.
13
Wer die Öffnungen verschließt
mit beiden Händen
und dringt ins Augenbrauenzentrum ein,
dem wird, wenn dieser Punkt
und seine Mitte schwinden
das Erhabenste offenbar.
14
Wer im Herzen und unter dem Haarschopf
den leuchtenden Stern meditiert,
wird endlich, wenn der Funke auch verschwunden,
im Urlicht aufgehen.
15
Das Unerschöpfliche erlebt,
wer im Urlaut badet
den tonlosen Ton vernimmt,
der donnernd einströmt
in das Gefäß Ohr.
16
Die heilige Silbe AUM…
wo die Schwingung verklingt,
wer dort der Leere innewird,
erfährt die ungeheure Macht der Leere.
Oh Seligkeit der Leere!
Wilhelmine Keyserling
Das Nichts im Etwas · 1984
Mystik der Wassermannzeit
© 1998- Schule des Rades
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