Schule des Rades

Arnold Keyserling

Wassermannzeit

VII. Ethik

Laute und Konsonanten

Die ursprüngliche Bedeutung der Laute und Konsonanten entstammt dem Sprechwerkzeug:

  1. Stimmband,
  2. Stimmband - Gurgel,
  3. Gurgel,
  4. Gurgel - Zunge,
  5. Zunge,
  6. Zunge - Zähne,
  7. Zähne,
  8. Zähne - Lippen,
  9. Lippen.

Ich habe die genaue Deutung in anderen Büchern ausgeführt. Es hat viele Spekulationen über die Zuordnung gegeben; sie erreicht als Mantras die Traumebene, kann also zur Beschwörung in magischem Sinne dienen. Doch wenn wir die Wortebene zur Grammatik erheben, so erkennen wir sie als Schaffer des Lebenssinnes und damit als Gnosis, die uns befähigt, die Letztgültigkeit der Worte zu durchschauen. Dann wirkt

  1. die Fähigkeit des Heilens,
  2. des Gestaltens,
  3. des Erkennens,
  4. des Vorstellens,
  5. des Urteilens,
  6. des Kommunizierens,
  7. des Kämpfens,
  8. des Verantwortens und
  9. des Entwerfens.

Diesen stehen neun Verfallenheiten oder Laster entgegen:

  1. Eifersucht,
  2. Eitelkeit,
  3. Ehrgeiz,
  4. Lüge,
  5. Habsucht,
  6. Neid,
  7. Aggressivität,
  8. Machttrieb und
  9. Ruhmsucht.

Diese Kabbala kommt erst in der Wassermannzeit zum Tragen. In der Widderzeit diente sie in etymologischer Auslegung zur Ausbildung der Priester in der Interpretation der Texte. Betrachten wir nun für das kritische Verständnis die Sprachstruktur im Verhältnis zu den Gehirnsphären:

Hinweis
Wachen
Grammatik
Schlaf
K r e u z
Reflexion
Syntax
Etymologie
Träumen

Die gewählten Laute und Buchstaben bilden den Hinweis, der als Zeichen die Erinnerung erweckt; man kann durch ein Wort sich einer Sache oder Begebenheit entsinnen. Die Syntax wird bewusst erlernt; ich zerlege einen Gedanken in seine Teile, die der andere zur Information zusammenfügt. Beide, Hinweis und Syntax sind bewusst verfügbar. Die Wortwurzeln aber, hebräisch mit bestimmten Zahlen verbunden, sind unterbewusst, zeigen bevorzugte Assoziationen wie deutsch Wahrheit — wahrnehmen, französisch verité — verifier. Sie sind Ausdruck des Traumes und zeigen den dichterischen Schlüssel einer Sprache. Die Grammatik schließlich als Gegenpol der Information bleibt während der Kommunikation unbewusst; ich kann nicht gleichzeitig auf den Sinn und die grammatikalische Struktur achten.

Arnold Keyserling
Wassermannzeit · 1988
Visionen der Hoffnung
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD