Schule des Rades

Laotse · Tao Te King

Erster Teil · Der Sinn15. Wie das Leben sich zeigt

Die vor alters tüchtig waren als Meister,
waren im Verborgeneneins mit den unsichtbaren Kräften.
Tief waren sie, so dass man sie nicht kennen kann.
Weil man sie nicht kennen kann,
darum kann man nur mit Mühe ihr Äußeres beschreiben.
Zögernd, wie wer im Winter einen Fluss durchschreitet,
vorsichtig, wie wer von allen Seiten Nachbarn fürchtet,
zurückhaltend wie Gäste,
vergehend wie Eis, das am Schmelzen ist,
einfach, wie unbearbeiteter Stoff,
weit waren sie, wie das Tal,
undurchsichtig waren sie, wie das Trübe.
Wer kann (wie sie) das Trübe durch Stille allmählich klären?
Wer kann (wie sie) die Ruhe
durch Dauer allmählich erzeugen?
Wer diesen Sinn bewahrt,
begehrt nicht Fülle.
Denn nur weil er keine Fülle hat,
darum kann er gering sein,
das Neue meiden
und die Vollendung erreichen.

Richard Wilhelm
Laotse · Tao Te King
15. Wie das Leben sich zeigt
© 1998- Schule des Rades
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