Schule des Rades

Arnold Keyserling

Das Nichts im Etwas

5. Mystik

Yogasutra

Das einzige Land der Welt, wo die Mystik der Religion immer übergeordnet blieb, ist Indien. Dort hat sie ihre entscheidende Form im Yoga gefunden, dessen klassischer Text, der Yogasutra, wahrscheinlich im vierten Jahrhundert vor Christus, also gleichzeitig mit Sokrates vollendet wurde. Damit war ein praktischer Weg geschaffen, wie die mystische Erfahrung jedem zugänglich wird und es keine Lebensform gibt, die nicht auf die Transzendenz bezogen werden könnte.

Yoga heißt Anjochung, hat also die gleiche Bedeutung wie der lateinische Begriff Religion. Doch während diese im römischen Bereich öffentlich war — außerhalb der Kirche ist kein Heil, kündet Augustinus — blieb sie in Indien der Weg des Einzelnen, der sich dazu reif glaubte. Jeder muss seine Befreiung selbst gemäß seiner Anlage angehen; nur aus dem eigenen Karma heraus lässt sich das Dharma verstehen. Das Grundgebet der Vedas lautet:

  • Aus dem Dunkel führe mich zum Licht,
  • Aus dem Nichtwissen führe mich zum Wissen,
  • Aus dem Tod führe mich in die Unsterblichkeit.

Wir wollen nun den Yoga gemäß den fünf Schichten des Rades bestimmen.

Arnold Keyserling
Das Nichts im Etwas · 1984
Mystik der Wassermannzeit
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD