Schule des Rades

Hermann Keyserling

Reise durch die Zeit

II. Abenteuer der Seele

Vorwort der Herausgeberin

Dem zweiten Bande der Gesammelten Werke möchte ich ein paar Worte zum Geleit mitgeben. Wir haben uns entschlossen, die geplante Reihenfolge zu ändern und statt Schöpferische Erkenntnis und Wiedergeburt den zweiten Band der Reise durch die Zeit zu bringen, da wir von allen Seiten Anfragen und Bestellungen für diesen bekommen und ihn unseren Lesern nicht länger vorenthalten möchten. Wie wohl allgemein bekannt ist, handelt es sich bei diesem Buch um die Erinnerungen meines Mannes, deren erster Band bereits vor zehn Jahren im Liechtenstein-Verlag, Vaduz und in der österreichischen Lizenzausgabe im Verlag der Palme, Innsbruck erschien. Das Werk war von vornherein in einem ganz weit gespannten Rahmen angelegt und sollte beliebig viele, in sich abgeschlossene Bände enthalten. Mein Mann beabsichtigte nach dem Buch vom Ursprung, das seine abschließenden philosophischen Erkenntnisse herausstellte, keine anderen Bücher mehr zu schreiben, sondern alles was ihn bewegte und er noch zu sagen haben würde, in vielen Bänden der Reise durch die Zeit laufend niederzulegen. Bei Kriegsende waren die beiden ersten Bände druckfertig. Den dritten Band hatte er auch schon zusammengestellt, ohne diesen jedoch ganz beenden zu können. Wie er auf S. 356 dieses Bandes selber schreibt, beabsichtigte er diesen erst zu vollenden, nachdem er genügend Abstand zum zweiten Weltkrieg gewonnen habe. Viele Kapitel sind schon so weit durchgearbeitet, wie es ihm damals möglich war, aber Standesordnungen so wie Hitler und Lenin, welch letztere er 1936 im Ausland schrieb und dort deponierte, sind nur im Manuskript vorhanden und bisher ist es uns noch nicht gelungen, sie ganz zu entziffern. Das Kapitel Gottsucher ist sogar nur als Fragment vorhanden, doch ist dies so wesentlich, dass wir es trotzdem in den dritten Band aufnehmen wollen.

Bis zu seinem Tode arbeitete er unentwegt an diesen drei Bänden, machte noch Zusätze und strich einiges. Dies tat er in verschiedenen Durchschlägen der Kapitel, so dass wir uns bemühen mussten, die jeweils letztgültige Formulierung festzustellen und die Zusätze zu entziffern, was uns in diesem Band bis auf ein Wort gelang (s. S. 334) das wir durch Punkte ersetzen.

Mein Mann hatte die Gewohnheit die endgültige Korrektur seiner Bücher erst in den Fahnen oder sogar noch in den umbrochenen Bogen vorzunehmen; er sagte immer, er könne erst am Gedruckten ein lebendiges Bild des Ganzen gewinnen. So ist dies Werk nicht in dem Sinne abgerundet, wie es alle seine früheren sind. (Dagegen hatte er vom Buch vom Ursprung bereits 1942 Fahnen und Bogen vom Diederichs-Verlag bekommen, so dass er dies Werk endgültig fertigstellen konnte.) Der aufmerksame Leser wird vielleicht erkennen, wo es sich um letzte kleine Einfügungen handelt, die nicht mehr, vom Ganzen her gesehen, überprüft werden konnten. Wir glauben aber, dass es für den Kenner des Werks von besonderem Interesse sein wird, selber zu erleben, wie so ein Manuskript aussah, bevor es zum Druck gegeben wurde.

Wenn man die Reise durch die Zeit liest, dann ist es für die, welche meinen Mann persönlich kannten, so, als ob sie ihn reden hörten, was das Buch ganz besonders lebendig macht. Ich möchte sagen, dass dieser Band, so wie wir ihn heute unseren Lesern darbieten, viel mehr an den redenden als an den schreibenden Keyserling erinnert, gerade wegen der etlichen Wiederholungen, die darin vorkommen und die wir nicht weglassen durften. Er selber hätte bestimmt bei den endgültigen Korrekturen noch allerlei gestrichen und hinzugefügt, wie es seine Gewohnheit war.

Zum Schluss noch ein Hinweis: Von der Darmstädter Zeit an machte mein Mann meist bei Abschluss der ersten Niederschrift eine Notiz mit dem Datum. Da wir glauben, dass es bei diesem Werk, an dem er so viele Jahre schrieb, für unsere Leser von Interesse sein dürfte, haben wir diese Notizen als Anmerkungen gebracht. Auch an den Kapiteln, wie an dem ersten über Tolstoi, wo ein einziges Datum steht, hat er aber, wie aus dem Text hervorgeht, bis zuletzt immer noch gefeilt, ohne es besonders zu vermerken.

Innsbruck, im Frühjahr 1958 Goedela Keyserling
Hermann Keyserling
Reise durch die Zeit · 1948
II. Abenteuer der Seele
© 1998- Schule des Rades
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