Schule des Rades
Wilhelmine Keyserling
Anlage als Weg
Vorwort
Körper-Denken
Das Denken verwandelt die materielle Welt, und nichts gestaltet diese so eindeutig und anhaltend um, als das Lassen unnötiger, unadäquater Denkvorgänge; das Entdecken primärer Zusammenhänge und das Finden klärender Aussagen; das Herankommen an Tatsachen: dieses Erkennen einer Tatsache ist wie das Finden eines Puzzlesteinchens, dem ein ganz bestimmter Platz im Gesamten zukommt.
Der Erkenntnis, dass es auf dieses oder jenes ankommt, folgt dann die praktische Bemühung im Empfinden, die Vertiefung des Fühlens und schließlich die Befreiung des Wollens. Das heißt nicht, dass das Denken im Wechselspiel der vier Funktionen immer den Anfang bildet. Jede der vier ist in anderem Sinne Ansatz. Aber die Erkenntnis ist es, durch welche Sehnsucht, Bemühung und Erfahrung zum Wort kristallisieren, wodurch der Schaltplan des Bewusstseins richtiggestellt wird. Es ergeben sich neue Zusammenhänge, auf die man zurückgreifen kann, die sich betrachten, erweitern lassen und zu einem umfassenden Verstehen des Sinnes führen; denn Sinn ist nichts anderes als Zusammenhang.
Der Sinn des Lebens wird in mannigfacher Art erfahrbar: in der Liebe, im absichtslosen Tun; doch nur über das innere Wort wird er zum Wissen.
So müssen wir in unserer Zeit auf neue Weise denken lernen; nicht nur, um in der Technik oder Planung schöpferisch zu sein, sondern um die Worte, die wir verwenden, ursprünglich zu begreifen; um Worte zu finden für das, was uns zur Erkenntnis wird, für alles, was es gibt: bis jedes Wort einer Tatsache entspricht und jeder Satz einem Naturgesetz.