Schule des Rades
Arnold Keyserling
Atlas des Rades
IV. Kosmogonie
2. Mesokosmos
Im Mesokosmos entstehen die Naturreiche als Verlust von Symmetrieachsen, also Vergrößerung der Freiheit. Das Kristall ist total symmetrisch. Die Pflanze verliert die Symmetrie oben und unten, im Baum Krone und Wurzel und alterniert zwischen Same und Gestalt. Das Tier verliert die zweite Achse, vorne ist Nahrungsaufnahme und hinten Ausscheidung. Es lebt im kosmischen Stoffwechsel von fressen und gefressen werden, zwischen Selbsterhaltung und Arterhaltung. Der Mensch verliert die letzte Symmetrie: links und rechts sind verschieden. Rechts ist das Wachen, links der Traum, rechts die Zeit und links der Raum. Doch diese Unterscheidung muss er bewusst vollziehen, sonst ist er ein falsches Tier.
Die höchste Stufe ist die Große Singularität ohne Symmetrie und Gesetzlichkeit, doch als Subjekt, als Schöpfer, Erhalter und Begrenzer des Universums, als das Unerschöpfliche.
Der Mensch kann nur insoweit Subjekt werden, als er das Große Subjekt will und anpeilt. Ohne Gott bleibt sein Leben sinnlos.
Die Evolution vollzieht sich als Selbstorganisation über die drei Stufen der Attraktoren, findet aber ihre Erfüllung in der nullten Dimension. Gott offenbart sich in der Synchronizität des ewigen Augenblicks dem Strebenden, der seine Herkunft im Chi der Erdmitte begründet. Mit der Pflanze ist er in Kommunion über den Traum, mit dem Tier über die Reflexion, mit anderen Menschen über das Wachen und mit Gott über die Leere, in die die göttliche Fülle einfließt.