Schule des Rades

Arnold und Wilhelmine Keyserling

Magie der Chakras

IV. Seinen Platz finden

Wie die verschiedenen Vorgänge im Körper auf den Herzschlag abgestimmt sind, der auch im schneller und langsamer-Werden ein Gleichmaß hält, so bedeutet das vierte Chakra Maß und Mitte der Bewegung zu bleiben, inmitten des Geschehens aus der Ruhe zu wirken — und diese Ruhe ist nicht der Stillstand des Todes, sondern der Herzschlag selbst.

Denken gibt hier die Einschätzung, Einteilung, Einordnung der Rhythmen im Zusammenhang allen Geschehens. Die eigene Mitte als Ruhepunkt, Leere des Wollens, bedeutet nicht beteiligt (identifiziert) zu sein, sondern wählend zu entscheiden.

Alles Geschehen kann auf vier Beweger zurückgeführt werden, im Atom, wie beim Menschen. Das Abstimmen der vier aufeinander: das Nein, oder das Ja im Ergreifen der Handlung (wollen), die irgendeinem Bedürfnis entgegenkommt (fühlen), durchdacht ist, und in der Ausführung gekonnt (empfinden), gibt das Gleichmaß im Tun. Denkfehler, Ungeschicklichkeit, Unnötigkeit, lähmen den Einsatz und stören den Erfolg. Die vier Beweger stehen im Rad im Kreuz zueinander. Dieses Kreuz auf sich zu nehmen ist oft schwer. C. G. Jung hat darauf hingewiesen, dass bei den meisten Menschen eine der Vier als Leitfunktion wirkt, während eine andere zurückgeblieben ist. Das mangelnde Gleichgewicht und die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, kann gerade den Ansatz zur Arbeit an sich selbst geben. So war es eine grundsätzliche Überlegung für uns und unsere Freunde: Welche Funktion ist bei mir tragend, welche die schwächste, wie wirken sich die anderen beiden aus, wo sind Mängel, wo Vorzüge, wie wirken sie zusammen, wie im Nacheinander, woraus entstehen Kummer und Fehltritte?

Das Wesentliche im Tun ist aber die Abstimmung meiner Vier auf die Umwelt. Ich mag allein auf meinem Stuhl im Zimmer Kaffee trinken, und bin damit bereits mit Handlungen anderer verknüpft, die unbewusst meinen Bedürfnissen entgegenkamen. Im Kontakt mit anderen ist die Abstimmung der Beweger und Bewegungen unerlässlich. Das chorische Geschehen ist Beispiel für das gemeinsame Sich-einspielen im Tun, dem ein kontinuierlicher Rhythmus zugrundeliegt.

Wie die verschiedenen Vorgänge im Körper auf den Herzrhythmus abgestimmt sind, der auch im schneller- und langsamer-werden ein Gleichmaß hält, so bedeutet das vierte Chakra, Maß und Mitte der Bewegung zu bleiben, inmitten des Geschehens aus der Ruhe zu wirken. Darum meditieren wir im Anahata, das jenseits der Rhythmen bedeutet, die Stille. Dies ist nicht der Stillstand des Todes, sondern die Pause im Herzschlag selbst. Die eigene Mitte als Ruhepunkt zu finden ist das Nicht-beteiligt-sein (im Sinne von nicht identifiziert), sondern zu wählen, zu entscheiden. — Das Denken ermöglicht hier die Einteilung und Einordnung der Rhythmen im Zusammenhang allen Geschehens. Im eigenen, wie im zwischenmenschlichen Zusammenhang ist die Gleichberechtigung bestimmter Vorgänge wesentlich, die nicht als Begleitmusik einer Leitstimme untergeordnet werden dürfen.

Wie bei einem Orchesterstück manche Instrumente nur an gewissen Stellen eingreifen, aber auch in den langen Pausen mit(er)leben, so liegt im Abstimmen der Rhythmen das Maß nicht im Anschlag, sondern in den Pausen — dem Dazwischen. Aus dem wachen Warten, dem Zustand der Aufmerksamkeit in Leere, steigt der Anschlag empor. Wenn die Leere nicht durchgehalten wird, reißt der Faden ab. Die Kontinuität der Tätigkeit liegt in der Leere. Dieses Wachet! aber zieht sich auch durch den Körperschlaf. Die Verrichtungen sind wie Perlen am unsichtbaren Faden des Wachens. Manche dieser Ketten bestehen nur aus vier oder zehn Perlen, andere aus achtzig. Im richtigen Verhältnis zueinander lassen sie sich über den unsichtbaren Faden verknüpfen. Ist das Etwas am Faden des Nichts die Wirklichkeit, oder umgekehrt, oder beides?

Hier muss ich an einen gelähmten Malerfreund denken, der von seiner Mutter betreut wurde. Er pflegte am späten Vormittag zu malen. Die Stunde zwischen Frühstück und Arbeit war ihm die wichtigste. Seine Mutter lugte manchmal durch den Türspalt, und wenn sie sah, dass er noch nicht bei der Arbeit war, erlaubte sie sich eine Frage, z. B., ob es zu Mittag Thunfisch oder Sardellen geben sollte. Um dieser Gefahr zu entgehen, bewaffnete er sich während des Nichtmalens mit einem Pinsel als ob.

Während das zweite Chakra den eigenen nächsten Schritt aus der Bewegungsmitte ermöglicht, bedeutet seinen Platz finden, sich am Ort zwischen Himmel und Erde in der Mitte der vier Bewegungsrichtungen und aller daraus erwachsenden Geschehnisse, in der Leere zu verankern.

Arnold und Wilhelmine Keyserling
Magie der Chakras · 1983
Urstimmung des Gemüts
© 1998- Schule des Rades
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