Schule des Rades

Arnold Keyserling

Vom Eigensinn zum Lebenssinn

3. Integration der Motive

Geosophie

Auch die Erde ist räumlich nach diesen Prinzipien gegliedert. Die Mythen folgen, wie ich in anderen Büchern geschildert habe, der gleichen Bedeutung, wobei Mekka dem Ostpunkt des Tierkreises entspricht, daran anschließend

G E O S O P H I E

  • Arabien den Schwerpunkt im Widder hat,
  • Indien im Stier,
  • China in den Zwillingen,
  • Japan im Krebs und
  • Neuseeland im Löwen,
  • Hawaii in der Jungfrau,
  • Kalifornien in der Waage,
  • der mittlere Osten und Mexiko im Skorpion,
  • die Oststaaten der USA und Südamerika im Schützen,
  • Island und Brasilien im Steinbock,
  • Westeuropa und Westafrika im Wassermann und schließlich
  • Nord-, Mittel-, Ost- und Südeuropa, Israel, Ägypten und
    Afrika bis zur Südspitze in den Fischen.

Der mythische Rahmen greift ebenso über die Instinkte in die Mentalität ein wie die Triebe des Fühlens und die neun Motive.

Auch zeitlich bestehen ganz bestimmte Parameter: So ist der uranische Kreis der Lebenskreis, der Quintenzirkel, der den Kalenderkulturen zugrunde lag und auch heute noch die Geheimgesellschaften der Altersgruppen in Afrika prägt.

Betrachten wir die Industrieländer, so bedeutet die Jugend Vorbereitung auf das Berufsleben. Dieses wechselt zwischen Arbeit und Ferien, und am Ende steht die Pensionierung ohne soziale Rolle für die Gemeinschaft. Demgegenüber haben die Stammes- und Volkskulturen für jedes Alter besondere Aufgaben geprägt, an denen jene teilnehmen konnten, die Befähigung und Reife dafür zeigten. Wenn wir diesen Raster betrachten, der aus der Berücksichtigung aller Zeitrhythmen im Rahmen des Bewusstseinskreises erfolgt, so sehen wir, dass er auch heute noch bei allen jenen Menschen wirksam ist, die ihre Vitalität durch die ideologische Manipulierung nicht zerstören ließen.

0-7
Seele-wollen, bildet sich das Ich aus dem Kräftefeld der Eltern.
7-14
Körper-empfinden, steht im Zeichen des Wachstums und der Entfaltung.
14-21
Geist-denken, ist die Zeit der größten Abstraktionsfähigkeit und Bereitschaft zur Uniformierung, die Periode des Lernens.
21-28
Seele-fühlen, bringt die Lösung von der Familie und Begründung der eigenen, gleichzeitig die Wahl beruflicher Vorbilder.
28-35
Körper-wollen: Hier treten eigene Kinder in das Feld der Aufmerksamkeit. Diese Periode bedeutet Finden seines Wesens, seiner Grenzen, die Lehrzeit ist vorbei.
35-42
Geist-empfinden, ist die Periode des Umsatzes, der Bewährung, es gilt die eigene Begabung den Mitmenschen nützlich zu machen, sich gleichsam zu verkaufen.
42-49
Seele-denken, beginnt der Weg zurück: Es gilt jene Stellung zu erreichen, die dem Wissen und der Kompetenz entspricht. Man kommt über den Horizont des Tierkreises in die Sichtbarkeit.
49-56
Körper-fühlen, ist die Zeit der Enthaftung. Aller Besitz sollte zur Kraft werden, und in den alten Kulturen wurde die Durchgangsrolle des Todes bewusst.
56-63
Geist-wollen: Die Enthaftung befähigt den Menschen, entweder seine eigene Vision zu finden oder eine bestehende Tradition zu vergeistigen, zum Leben zu erwecken.
63-70
Seele-empfinden, die Zeit der staatsmännischen Berufung, in der der erfahrene Geist, die Vision, sozial zu verkörpern ist.
70-77
Körper-denken: Werk und Freundschaft, man wirkt für den Gesamtzusammenhang der Menschheitskultur.
77-84
Geist-fühlen: Erreichen des All-Einsseins, der Rückbindung zum göttlichen Ursprung in der Liebe.

So ist das ganze Leben ein Aufstieg von der Möglichkeit her, den aber die Machtstrukturen unterbunden haben, sei es durch ständische Ordnung, sei es durch wirtschaftliches und politisches Primat und Elitenbildung. Da aber überall die ideologischen Ordnungen zusammenbrechen, ist es heute möglich, Menschen den Zugang zu ihren Möglichkeiten in der psychologischen Arbeit zu eröffnen und ihnen sowohl Hoffnung als auch Methoden zu geben, wie sie zu ihrer Motivation und Intention stehen können. Jeder, der dies erreicht, wird ein lebendiger Pfeiler des sozialen Lebens, gleichgültig seiner sozialen Stellung. Doch in viel höherem Maß ist dies für die Entwicklung der Kollektivität — in welcher wir in ein entscheidendes Stadium gekommen sind — wahr, durch die das Ende aller Entfremdungstendenzen nur noch als eine Frage kurzer Zeit erscheint.

Arnold Keyserling
Vom Eigensinn zum Lebenssinn · 1982
Neue Wege der ganzheitlichen Pädagogik
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD