Schule des Rades
Arnold Keyserling
Das Erdheiligtum
4. Feste der Sonne
Tradition der Swastika
Alle menschliche Zivilisation hat ihre Brücke zum Nagual in den acht Festen gefunden. Werden sie als Ursprung der Liturgien gefeiert, die sich auf der ganzen Welt immer ihrem Rahmen einfügten, dann verliert der Mensch in der Kommunion mit anderen nie mehr den Zugang zum Heiligen Reich des Menschen im All, dessen Vollendung persönlich und kollektiv die Verheißung der Erde ist.
Rational und historisch lassen sich die acht Feste linksläufig im Jahreskreis beschreiben. Als unmittelbarer Zugang zur Offenbarung werden sie durch die Tradition der Swastika verständlich, deren Zählweise die indianische Überlieferung bewahrt hat. Sie stammt aus dem Gesetz der Fünf. Ihre Reihenfolge entsteht rechtsläufig im rechten Winkel, dem Urbild des Raumverständnisses.
Hierzu müssen wir die Himmelsrichtungen noch einmal aus anderer Sicht auf den Zusammenhang der Naturreiche mit dem All bestimmen, um damit dann die Offenbarungen des Menschen im All zu verstehen.
- Im Osten wird das Feuer verständlich, die Sonne geht auf. Dies ist der Ort aller Offenbarung und Vision. Das Feuer ist unsterblich, sein Licht wurzelt im Sterben, dem Entwerden der Materie. Im Menschen ist es die Kreativität und die Sexualität, der körperliche Zugang zur Gattung.
- Der Westen ist der Ort des Untergangs des Himmels. Licht wird zur Kraft, die uns über die bestehende Materie zugänglich ist. Es ist die Welt des Minerals, der gefrorenen Energie mit ihrer Eigenbeweglichkeit im Rahmen der vier Kräfte; Ort der Kraftfindung und Selbständigkeit des Wollens.
- Der Süden ist der Ort der Mittagssonne und der bewussten Zeit, die nur im Tageslicht erfahrbar wird. Dies ist das Reich der Pflanzen, die imstande sind, durch die Energie des Sonnenlichts das Wasser aufzuspalten und mit der gewonnenen Energie ihre Stofflichkeit aufzubauen. Es ist der Ort des Wachstums und der Unschuld, des Vertrauens, der Schwerpunkt der Seele.
- Der Norden ist der Ort des Polarsterns, um den der ganze Himmel kreist, die Mitternacht. Er bildet den Zugang zum Reich der Tiere, die aus den Motiven, den Träumen gelenkt werden und sich vom Tod anderer Lebewesen ernähren. Es ist der Ort der Strategien, der Weisheit, der Integration im All und damit des Denkens.
- Die Mitte ist die Achse zwischen Erde und Himmel, zwischen Kraft der Materie und Vision des Lichts, das wegen der Drehung der Erde immer einem anderen Ort des Sternenhimmels entstammt. Dies ist der Ort des Menschen, des fleischgewordenen Wortes, der durch seine vertikale Verbindung zu Erde und Himmel das Gleichgewicht zwischen Feuer und Mineral, Pflanze und Tier gewährleisten soll. Diese seine Mittlerrolle wird durch die Fähigkeit der Sprache bewusst.
Im Bild der Swastika sind die vier primären Richtungen aus der Mitte heraus zugänglich. Doch der Mensch ist nicht allein, er ist Glied der kosmischen Menschheit, die die vier Naturreiche als ihren Teil umfasst. Damit diese Einordnung verständlich wird, muss ein rechter Winkel vom Tonkreis zum Lichtkreis aus jedem der vier Eckpunkte geschaffen werden. - Südosten ist das Feuer des Menschen, das ihn als Intention bewegt: es ist die Welt des Geistes und der Ahnen, der Geschichte.
- Südwesten ist das Mineral des Menschen, die Elementarkräfte, die den Körper zusammenhalten, welche aber lebendig als Geister zu verstehen sind und die als Träume und Körperbild die Vitalität des Leibes bestimmen.
- Nordwesten ist die Pflanzlichkeit des Menschen, seine Fähigkeit des Wachsens im Fühlen. Dieses geht bereits über den Körper hinaus und kann nur in bewusster Gemeinschaft integriert werden. Die Befriedigung der Bedürfnisse verlangt Verstehen des eigenen Ortes im kosmischen Stoffwechsel.
- Nordosten ist das Tier des Menschen, seine Rolle als
Medizin
in der Zivilisation als höhere Entsprechung zu den Ökosystemen der Tiere. Dies ist der Ort des Empfindens als Arbeit, die Beherrschung aller Bewegungen, die menschliche Zivilisation in chinesischem Sinn. - Wiederum die Mitte als Bewusstheit aller Menschen ist das Rad, Gesetz der Vernunft und der Erkenntnis, die Vereinigung aller Verstehensgesetze als Orientierungsrahmen zwischen Himmel und Erde. Persönlich ist es das Höhere Selbst, das im Leben nicht inkarniert ist, da es sich hinter der Schwelle des Tiefschlafs befindet.
In der indianischen Überlieferung haben diese zehn, die das Dasein auf der Erde zwischen Geburt und Tod bestimmen, eine höhere naguale Entsprechung von 11 bis 20. Dies sind die kosmischen Wesenheiten. 15 ist der Mensch im All, im Süden der Mitte, 20 der Große Geist und der Tod im Westen der Mitte; 5 ist im Süden, der Mensch selbst, 10 im Norden als Denkstruktur, und Null, die wahre Mitte, bedeutet die Vereinigung mit dem Erdzentrum und dem göttlichen Urgrund der Liebe. Doch wirken alle diese im Leben durch die zehn ersten Zahlen hindurch.