Schule des Rades
Arnold Keyserling
Gott · Zahl · Sprache · Wirklichkeit
1. Zahl und Maß
Zweifältigkeit
Zweifältigkeit ist die Linie, die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten, die auf der Fläche eine Gerade, im Zeitgefüge eine Bahn ist. Sie besteht aus unendlich vielen Punkten oder schafft unendlich viele Zeitpunktorte, ist aber prinzipiell als Intervall auf die zwei Endpunkte bezogen, so wie das Hören sowohl die Töne als Zeitpunkte und den Intervall als geometrische Beziehung zwischen zwei Tonorten erfasst.
Zwei Punkte einander gegenübergestellt ergeben die falsche Dualität: gut und böse, Geist und Fleisch. Nichts und Etwas ist keine Dualität, sondern die Beschreibung der Wirkweise des Punktes in der Zeit. Sobald die Punkthaftigkeit räumlich verstanden ist, wird sie zum Ansatz der Erkenntnis der Ausdehnung, der Allbezogenheit des Punktes. Die tatsächliche Zweifältigkeit ist die Grundlage allen Bestehens: ein Elektron mit rechtem Spin auf der Erde, dessen Partner mit linkem Spin auf dem Sirius weilt, wird seine Richtung umkehren, wenn das andere sich ändert, wie Bell nachgewiesen hat. So ist die Zweiheit der Beginn aller Gestaltung und die Beschränkung auf einen Teil der Dualität falsch. Im Atomkern sind die zwei Elektronen der ersten Schale immer fixiert, aber das einzelne Wasserstoffatom kann sich zurück in die Gammastrahlung verwandeln. So ist die Einfältigkeit im Atom der Kern, die Zweifältigkeit fixiert die erste Schale und schafft damit die Fähigkeit des Beobachtens: der Beziehung zwischen den zwei Punkten, eine Richtung, einen Intervall. Wenn zwei Elemente existieren, so stehen sie in totaler Wechselwirkung, aber immer ist ihre Null-Eins-Mitte zu berücksichtigen.