Schule des Rades

Arnold Keyserling

Das magische Rad Zentralasiens

II. Kosmogonie

Dimensionen

Die Töne sind nur zu ermitteln. Um sie zu begreifen und sich in den Nullpunkt jenseits der Zahlen zu versetzen, ist es notwendig, diese aus ihren Arten zu entwickeln und damit aus den Dimensionen. Die pythagoräischen Dimensionen im Unterschied zu den euklidischen stehen im Verhältnis von Unendlich zu Eins. Sie gliedern sich nach Raum- und Zeitdimensionen, nach Zahlenart und Rechnungsart. Dank ihrer können wir die Entstehung des Rades aus dem Nullpunkt begreifen und nachvollziehen. Wir betrachten erst die Raumdimensionen und danach die Zeitdimensionen.

D i m e n s i o n s k r e i s

RAUM:
  1. Eine unendliche Anzahl gedachter Punkte wird durch die endliche Gerade umfasst.
  2. Eine unendliche Anzahl von Geraden ist in der quadratischen Fläche enthalten.
  3. Eine unendliche Anzahl von Flächen geht in einen endlichen Kubus.
  4. Eine unendliche Anzahl von Kuben, von Körpern ist im endlichen Raum des All enthalten. Hier ist die Unendlichkeit senkrecht, vom unendlich Kleinen zum unendlich Großen.

Die Gerade ist ein Lot, die Fläche hat zwei Lote, das Volumen vier und der Raum acht; der Hyperkubus ist durch acht Gerade aus seiner Mitte diagonal mit dem All in Resonanz.

ZEIT:
  1. Die nullte Dimension ist der Augenblick. Sie wird vom Subjekt als nullhafter Punkt erlebt. Als Nichtdimension ist er die Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft. Phänomenologisch ist der Zeitpunkt ein Nichts, aber existentiell das Subjekt, das Ich, welches Teil des Großen Ich ist.
  2. Die erste Zeitdimension ist aus räumlicher Sicht die Kurve, die der Punkt des Gewahrseins in der Zeit schafft. Als Gegenpol der Geraden gehört sie zur ersten Dimension, doch als Zeitqualität ist sie die Zukunft, das Nochnicht, das zum Jetzt wird.
  3. Die zweite Dimension der Zeit ist die Gegenwart. Zwei Körper kreisen umeinander, nach der Relativitätstheorie die einzige Beschreibung dieser.
  4. Die dritte Dimension aus räumlicher Sicht ist die Kugel, die dadurch entsteht, dass die Scheibe des Umlaufs sich um eine Achse dreht. Es ist die Dimension der Vergangenheit. Sie ist unterbewusst, kann aber vergegenwärtigt werden.

Die Zeit kennt keine vierte Dimension. Doch die Kreisbewegung verlässt nach Ausfüllen des Volumens der Kugel diesen Körper und erzeugt die Wellen im Kontinuum. Wenn eine Welle in ihrer Kurve 90° erreicht, dann wird sie zur Masse.

W e l l e n f o r m

Die nullte Dimension hat einen Punkt, die erste zwei, die zweite drei, die dritte vier und die vierte fünf Punkte. Mit der vierten Dimension ist die Aktualität erreicht, die ihren Ursprung in der Potentialität der nullten hat. Nur Potentialität und Aktualität, Subjekt oder Wirkweise bestehen. Die Dimensionen von eins bis drei sind Abstraktionen, die aber die Kraftlinien von Körpern lenken, so wie die in Wirklichkeit dreidimensionale Saite den Gesetzen der ersten Dimension gehorcht. Betrachten wir nun die Schritte von null bis vier in den Zahlenarten und Rechnungsarten:

0
1
2
3
4
1
2
3
4
5
Punkt
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
natürliche Zahlen
ganze Zahlen
rationale Zahlen
reelle Zahlen
komplexe Zahlen

Aus den Rechnungsarten entstehen die Funktionen und Bereiche. Ihr Ursprung ist das Gewahrsein, der Nullpunkt des Zahlenkreuzes.

0. Dimension Natürliche Zahlen ·

0123456789

Die natürlichen Zahlen sind die Ziffern von 1 bis 9, sie entstehen durch zählen, durch aussprechen. Sie haben keine Ausdehnung, sondern tauchen punkthaft auf. Man kann sie besser verstehen, wenn man 3 als Dreifältigkeit betrachtet; alles was drei Bestandteile zählt gehört emblematisch zur natürlichen Zahl 3.

1. Dimension Ganze Zahlen ·

G a n z e - Z a h l e n

Die ganzen Zahlen entstehen in der ersten Dimension, nach links durch Addition und nach rechts durch Subtraktion. Sie bilden aus den Punkten im Gewahrsein die Gerade, wobei die 0 die Mitte zwischen positiv und negativ bestimmt. Diese ist auch das Urbild der Obertöne und Untertöne der Tonskala. Addition wird zur Grundlage des Empfindens — alle Empfindungsdaten sind additiv und auf einer Strecke zwischen zwei Grenzen anzuordnen. Die Subtraktion ist die Grundlage des Geistes. Geist geht in die Zukunft, verlangt also die Frage. In allen Traditionen wird Geist als Weg betrachtet.

2. Dimension Rationale Zahlen ·

R a t i o n a l e - Z a h l e n

Die rationalen Zahlen entstehen aus der Gleichung. Die Division geht vom Bestehenden aus, die Multiplikation schafft etwas Neues, sie ist im negativen Feld. Division, urteilen, ist die Grundlage des Denkens; Multiplikation, Synergie, Grundlage der Seele. Hier entstehen die Vielfachen und Brüche, die im Chi, im Rahmen des Umkreises 10 die Schöpfungsprinzipien bestimmen.

3. Dimension Reelle Zahlen ·

R e e l l e - Z a h l e n

Die reellen Zahlen verbinden über die Proportion Brüche gleicher Wertigkeit. Da wo die Diagonalen, also Wurzelzahlen, eine senkrechte Strecke schneiden, entstehen die entsprechenden Teilungen geometrisch als Abschnitte. Dies zeigen auch die Tonzahlen. Wird die Saite aufs Doppelte verlängert wie im Rad, haben wir rechts vom Mittelpunkt die Brüche, die größer als 1 sind, die Untertöne (siehe Darstellung). Proportion ist Grundlage des Fühlens.

Im Gegensatz entstehen im Multiplikationsfeld die Funktionen, welche die Produkte mit 0 zurückverbinden. Sie bilden die Grundlage der Körper.

Im Divisionsfeld können wir sowohl die Proportionen als auch die Tonzahlen ablesen. Die Proportionen bestimmen die Verhältnisse aller kontinuierlichen Körper. Die Funktionen des Multiplikationsfeldes zeigen dagegen die diskontinuierliche Struktur jedweden Atoms. Um den aus Protonen und Neutronen gebildeten Kern lagern sich die Elektronenschalen. Ihr Abstand folgt der mittleren Diagonale 1 - 4 - 9 - 16 - 25 - 36 - 49.

G a m m a d i a g o n a l e

Sie liegt der Einserdiagonale, dem Zeugerton gegenüber. Die zweite Diagonale zeigt die Kapazität der Schalen, Elektronenbahnen aufzunehmen: 2 - 8 - 18 - 32. Auch die anderen Diagonalen zeigen atomare Zeugungsprinzipien. So bestimmt das Gamma die Erzeugung der diskontinuierlichen Körper, das Lambdoma die Erzeugung der kontinuierlichen.

Die vierte Dimension ist das energetische Kontinuum des Raumes. Dessen geometrischer Ausdruck ist der Hyperkubus, der über acht Richtungen aus der Mitte mit den Körpern des All in Beziehung steht. Die Diagonalen, die durch die Mitte des Kubus laufen, haben im Verhältnis zu den Kanten die Länge W u r z e l - 3. W u r z e l - a u s - 3 h o c h 4 = 9: so zeigt sich auch in der vierten Dimension die Mitte als neun.

K u b u s

Diese Diagonalen sind die Erzeugungsprinzipien der Wirklichkeit aus dem Chaos. Vier Attraktoren steuern das Zusammenwirken unseres Kosmos: Fixpunkt-, Grenzzyklus-, Torus- und der seltsame Attraktor.

F i x p u n k t
Fixpunktattraktor
G r e n z z y k l u s
Grenzzyklusattraktor
T o r u s
Torusattraktor
L o r e n z
seltsamer Attraktor

Der Fixpunkt-Attraktor strebt wie die Entropie oder die Schwerkraft nach einem Ruhepunkt; der Grenzzyklus nach einer regelmäßigen Bahn, der Torus nach dem spiralhaften Zusammenwirken der Abläufe, und der seltsame Attraktor ist die Brücke zwischen Jenseits und Diesseits, Chaos und Kosmos, Möglichkeit und Wirklichkeit.

  • Der seltsame Attraktor entspricht dem Wollen und dem Gewahrsein, der Selbstorganisation als Grundprinzip des Lebens.
  • Der zielgerichtete Fixpunkt-Attraktor der Energie, des Fühlens und des Geistes, kennzeichnet das Streben nach Sättigung.
  • Der geschlossene Grenzzyklus im Urbild der Gleichung ist Grundlage des Bewusstseins bei Seele und denken, und
  • der Torus-Attraktor entspricht dem Empfinden und dem Körper und damit der Materie.

Ebenfalls aus vier Komponenten bildet sich fraktal durch Kombinatorik aus den vier Nukleotiden — Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin — die mannigfaltige Erscheinungswelt im Gesetz der Kombinatorik.

Fraktal bedeutet Skaleninvarianz. Die Einheit der Identität wiederholt sich auf höheren Ebenen, wie Benoît Mandelbrot gezeigt hat. Aber die Matrix der Vollendung, der endgültigen Fraktalität des Menschenbildes wird formal durch die Beziehung der Intervalle zueinander dargestellt, deren Gesetz der temperierte Quintenzirkel ist.

4. Dimension Komplexe Zahlen ·

K o m p l e x e - Z a h l e n

Die Zahlen der vierten Dimension sind Tonzahlen und Lichtzahlen. Bei den Tönen ist die Oktave als gleicher Tonwert Urbild aller Fraktalität. Die Quinte im Schwingungsverhältnis von 3/2 zu 1 schafft den zwölffältigen Quintenzirkel, die Quarte mit 4/3 den Quartenzirkel. Die Quinten verlaufen gegen den Uhrzeigersinn, die Quarten im Uhrzeigersinn, doch beide haben die gleichen Tonwerte. Quinten haben Obertoncharakter, Quarten Untertoncharakter, also Dur oder Moll. Der Tonraum lässt sich flächig im Rad, physikalisch aber in einer Kugel zwischen 16 und 40.000 Hertz darstellen.

Durch das Resonanzfeld der Intervalle wird der Tierkreis als Raummaß sowohl für die geometrische Anschauung als auch als Sonne-Mond-Bahn geschaffen. Wir haben damit die Erfahrung mit der mathematischen Konstruktion in Einklang versetzt.

TON
Zeit
Schwingungen p.S.
Raum
Wellenlänge in m *
(144) c
65536
0 ,005
c 32768 0 ,01
c 16384 0 ,02
c 8192 0 ,04
c 4096 0 ,08
c 2048 0 ,17
c 1024 0 ,34
Zeu- (60) c   ger- 512 ton 0 ,69
c
256 1 ,38
c 128 2 ,75
c 64 5 ,5
c 32 11
(1) c 16 22

* (bei angenommener mittlerer Schallgeschwindigkeit von 331,2 m)

Arnold Keyserling
Das magische Rad Zentralasiens · 1993
Schlüssel der Urreligion
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD