Schule des Rades
Arnold Keyserling
Das magische Rad Zentralasiens
III. Yoga
Mitose
Die Chakras aus der Sicht den Rades verdanken ihre Verschiedenheit den Rhythmen der embryonalen Entfaltung. Ihre Teilung nach rechts und links, Pingala und Ida, physiologisch und mental eröffnet den möglichen Aufstieg in Sushumna, der nicht mehr zur natürlichen Evolution gehört, sondern frei ist.
Betrachten wir nun die Chakras im Hatha-Yoga.
Über die Sprache ist das Erleben der nachtodlichen Traumexistenz zu veranschaulichen. Es gibt kaum jemanden, der in einer Regression nicht Reinkarnationen als Erinnerung vergegenwärtigt, wobei nicht klar ist, ob die Reinkarnation auf dieser Erde oder einer anderen war. Da die nullte Dimension unser All, und der ewige Augenblick synchronistisch allumfassend sind, ist Gott nicht nur Erfahrung des Samadhi oder der Erleuchtung, sondern auch historisch im Sinne von Christentum und Islam zu verstehen.
In der Befruchtung vereinigen sich männlicher Same und weibliches Ei. Aus Millionen von Samen gelingt es einem einzigen in das Ei zu dringen und die Entfaltung zu beginnen.
Als zweite Stufe der Polarisation wandern zwei Zentren zu den Polen, die elterlichen Chromosomen legen sich parallel an den Äquator und vereinen sich.
Als dritte Stufe entsteht die Urzelle, Träger der körperlichen Individualität. Sie beginnt sich nach dem Oktavgesetz zu teilen: 1
- 2
- 4
- 8
- 16
- 32
- 64
usw. Nach 54 Teilungen ist der menschliche Organismus vollendet: das Stadium der Organisation. Doch bereits bald entfalten sich aus der Urzelle die drei Keimblätter Ektoderm, Mesoderm und Entoderm, die die Grundlage der drei Gehirnsysteme und Organgruppen bilden; Entoderm die Eingeweide und Organe, Mesoderm die Knochen, Gelenke, Bänder und Muskeln und Ektoderm, die Haut und die Sinnesorgane.
Als vierte Stufe beginnt der Kreislauf mit dem Herzschlag. Die fünfte Stufe zeigt den Stoffwechsel, der über die zweifache Nabelschnur verläuft.
Anschließend kommt die Geburt: die Nabelschnur wird durchschnitten. Die Geburt ist dreifach schmerzhaft: Wehen, Austritt und erster Atemzug. Diese Schmerzschwelle ist das Hindernis für die zweite Geburt, die nur intentional zu überwinden ist. Die sechste Stufe ist der Atem, gleichzeitig der erste Schrei als Beginn der Sprechfähigkeit. Das Wesen tritt aus dem wässrigen Milieu des Mutterleibes in das luftige des Schalls. Die siebte Stufe ist die Fähigkeit der Bewegung und der Koordination der Sinne. Sie ist etwa drei Monate nach der Geburt vollzogen, erst dann sind die Assoziationsbahnen des Großhirns verknotet. Aus diesen Empfindungen kann nun der Rückweg beginnen, von dem zwei Stufen bewusst vorgebildet sind, die anderen aber nur durch persönliche Bemühung integriert werden.
Mit der Geburt beginnt das Sterben. Die Selbstorganisation prägt zwar das Wachstum des Körpers bis etwa neunundzwanzig Jahre, aber die Vitalität als Fähigkeit der Entfaltung ist nicht mehr im Einklang mit dem mütterlichen Organismus; der Weg muss jetzt von unten nach oben beginnen.
Die Sexualität ist einerseits im Sinne des genetischen Codes auf Fortpflanzung gerichtet, andererseits ist das irdische Leben die Matrix einer zweiten Geburt im Wortleib, durch dessen Trennung vom Kraftleib des Mikrokosmos und Lichtleib des Makrokosmos. Zuerst dient der Wortleib dem Überleben des Organismus in seinem atomaren Grundzustand. Aber dann muss der Akzent sich vom Überleben in das Werk verlagern, in die Fähigkeit, als Ich Werkzeug des göttlichen Ich zu werden und damit die Vereinzelung zu transzendieren. Im Buddhismus wird es als die Schaffung des Diamantleibes betrachtet.
Der Mikrokosmos schafft aus der Energie den Sinnesleibs Ida als Verkörperung des Mondes. Der Makrokosmos erzeugt in der Zeit als Verkörperung der Sonne die Anjochung der verschiedenen organischen Schichten als Pingala. Man muss sie zuerst trennen, um sie dann als Klaviatur des Wesens zusammenzufügen. Die Selbstorganisation ist fortan nicht mehr aus dem Keimplasma gesteuert, sondern aus der Erde selbst, dem Prana oder Chi. Sushumna, der Rückenmarkskanal in der Wirbelsäule wird in sieben Schwerpunkte gegliedert, die Funktionen und Bereiche, die wir bereits kennen lernten, aber welche die Rhythmen der embryonalen Entfaltung nun in umgekehrter Reihung vollziehen.
Die Aufmerksamkeit ist die Mitte des Organismus im Herzen. Doch wird sie gespeist aus der Kraft der Erde, um den aufsteigenden Weg zu beginnen. Diese Anjochung muss einen Schritt weitergehen als der große Weg der Übung von unten nach oben oder auch von oben nach unten, wie es das christliche Vater Unser zeigt.
7 | Vater unser der Du bist im Himmel | Geist |
6 | Dein Name sei geheiligt | Seele |
5 | Dein Reich komme | Körper |
4 | Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden |
wollen |
3 | Unser täglich Brot gib uns heute | fühlen |
2 | Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern |
denken |
1 | Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel |
empfinden |
Aus der Sicht der Chakras können wir die letzte Bitte besser verstehen. Was heißt: Führe uns nicht in Versuchung?
Da das Göttliche das Gute ist, wird doch Gott den Menschen nicht auf die Probe stellen! Der zweite Teil gibt die Antwort. Erlöse uns von dem Übel
, nämlich der Trägheit, die dem Tode zuführt. Dies wird erst verständlich, wenn man erkennt, dass die Trägheit die große Gefahr bildet und nur die Disziplin Yama, die Stagnation überwinden kann.