Schule des Rades
Arnold Keyserling
Das magische Rad Zentralasiens
IV. I Ging
Zyklen
Nacht und Tag, Mond und Sonne stehen im Metonzyklus im Zusammenhang und werden durch die zwölf Rauhnächte integriert. Doch das Wesen des Göttlichen und des Geschlechtlichen ist die Zweiheit, die nach Vereinigung sucht. Der Weg hierzu als Weg des Mondes geht über zwölf Stufen, sechs am Tag und sechs in der Nacht. Hierher rührt die Bedeutung der Hexagramme, der Urworte des genetischen Codes. Formal lassen sie sich als zwei Sechstonleitern begreifen:
Diese wandeln sich ineinander durch Quinten oder Quarten, Quinten als Veränderung und Quarten als Umgestaltung in der Verdeutschung von Richard Wilhelm.
Die Zeichen folgen einander im Wechsel von solar und lunar: 1 solar, 2 lunar, 3 solar, usw. Ferner sind sechs der Zeichen und Doppelstunden nachts, sechs sind tags. Dies erklärt die Symbolik der Hexagramme, die waagrecht als Mondbahn zu erkennen sind.
Wir verstehen sie waagrecht als den Weg der Erde, des Menschen, des Himmels und des Sinnes. Sie werden im Jahreskreislauf zu den acht Festen des Steinkreises, wie wir später begreifen werden.
Die Mondzeichen sind Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, die Sonnenzeichen Fische, Wassermann, Steinbock, Schütze, Skorpion, Waage. Osten und Westen, Aszendent und Deszendent bezeichnen die Umkehr der Richtungen. Der Sonnenlauf ist Yang, der Mondlauf ist Yin.
In Entsprechung zum Sonnen-Mond-Weg, der von der Opposition, also dem Gegenüber der Liebe im Vollmond zur Vereinigung im Neumond führt, ist die senkrechte Himmelsleiter: die Sonne hat sechs Höhen, ebenfalls gegensätzlich der Mond. Der Äquator oder die Tagundnachtgleiche ist die Mitte, die Trennung zwischen beiden Trigrammen. Der höchste Punkt der Sonne ist die Sommersonnenwende, der höchste Punkt des Vollmonds die Wintersonnenwende.
Alle Offenbarung kommt aus dem Nachthimmel, die Lichtpunkte der Konstellationen sind die fraktalen Keime aller Gestaltung. Durch die Sonne werden sie zu Schöpfungen, der Traum des Mondes wird irdische Wirklichkeit.
Über die Sonne erlebe ich die Intention, über den Mond die Motivation. Die Sonne symbolisiert den persönlichen Wesenskern, der Mond das Seinserbe aus allen früheren Inkarnationen. Der Kreislauf folgt dem Jupiter als Ureinheit:
Wo der Mond am Himmel ist, empfängt er die Keime der himmlischen Konstellationen. Die Sonne fügt die Keime über den Menschen zur Gestalt des großen Menschen zusammen. Doch diese Zusammenfügung wird abgewandelt durch die fünf Planeten, die den persönlichen raumzeitlichen Fluss verdeutlichen:
Die Planeten bestimmen die Wandlungsstufen Hsing
. In der äußeren Figur des Pentagramms ernährt Holz das Feuer, das Feuer befruchtet die Erde, die Erde lässt wachsen und bringt aus dem Samen hundertfältige Frucht. In der Erde läutert sich das Metall, das Metall lässt sich verflüssigen und kondensiert das Wasser und das Wasser befruchtet wieder das Holz. Das Pentagramm ist die Grundlage der Akupunktur, die Krankheit als Stagnation betrachtet und mittels der inneren Figur heilend eingreift: Metall zersägt das Holz, Wasser löscht das Feuer, das Holz integriert die Erde, das Feuer schmilzt das Metall und in der Erde versickert das Wasser.
So zeigt der I Ging die Einstimmung des Menschen in die Ganzheit von Himmel und Erde, Sonne, Mond und Planeten. Doch das Buch der Wandlungen ist ferner ein Mittel, wodurch man eine Situation mantisch, also über das Orakel erkennt und sich danach verhält, immer eine neue Zukunft und Handlungsweise spielerisch erlebt. Zum Verständnis müssen wir die Urteile bestimmen und die fünf Reifestufen, die durch die kosmogonische Schichtung zu begreifen sind.
Der chinesische Kalender vereint die Planeten als die Wandlungsstufen mit den Tierkreiszeichen des Mondes und Jupiters, zum Beispiel:
1922
1923
1924
1925
1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
usw.Wasserhund
Wasserschwein
Holzratte
Holzbüffel
Feuertiger
Feuerkatze
Erddrache
Erdschlange
Metallpferd
Metallziege
Wasseraffe
Wasserhahn
Holzhund
Dieserart vereinen sich Zwölfer- und Zehnersystem. Das Jahr ist nach den zyklischen Zeichen gegliedert, doch die Bedeutung der Symbole folgt nicht der Sonne, sondern dem Mondzyklus und hat den Schwerpunkt bei Neumond.