Schule des Rades
Arnold Keyserling
Das magische Rad Zentralasiens
VI. Meisterspiel
Die Karten
Im Zusammenhang bilden die 52 Karten — 40 Raumzahlen und zwölf Zeitzahlen — die Arkana des Pleroma. Die jüdischen Kabbalisten hatten das erkannt; 12 und 10 sind im Tarot die großen Arkana, die anderen die kleinen. Aber es gibt keine kleine Arkana; mit dieser Entwicklung wurde die Rationalität der Esoterik zerstört und auf die jüdische Überlieferung geeicht, die nur eine historisch mögliche ist und unterhalb des Gewahrseins verharrt.
Es ist heute nicht mehr auszumachen, ob die Kabbalisten von Gerona das wussten und verbargen, oder es nicht erkannt hatten. Aber dank der Eichung aller Kriterien des Gewahrseins auf das Rad können wir nun die Stufen im Sinne des Tetragrammaton betrachten, der als Weg des Theosis, der Vergottung, die vier Wege des I Ging ergänzt. Im rationalen Bewusstsein, das auf die Ebene von Seele und denken beschränkt ist, bleiben Traum und Schlaf oder Tod und damit der unbewusste Zugang zum Göttlichen außerhalb des Horizonts. Das Ziel aller Schulung ist der Meister, der über sein Wissen zur Kompetenz findet. Doch der Weg des bürgerlichen Erwachsens ist nur die Voraussetzung zur Menschwerdung.
Wir beginnen die Vierfältigkeit mit den Zeitkarten des Tierkreises als Bild des Menschen im All, und gehen anschließend von der Zehn, der Vision der Vollendung, zurück zu eins und damit zu null, wo die vier sich zur Quintessenz des Einenden verbinden. Der geistige Meister kann lehren im Sinn der Anamnese und Maieutik. Im Unterschied zu den Lehrern von Schule und Universität dringt er zur Erweckung des Wesens durch. Betrachten wir nun die Schritte im einzelnen in der Reihenfolge der Funktionen und Attraktoren:
Wir werden jetzt für die Zeitkarten, die Tierkreisbilder und für die Raumkarten die Achsen des Urkreuzes darstellen.
Meister · König:
♦ · Stier, ♣ · Wassermann, ♥ · Skorpion, ♠ · Löwe
Geselle · Dame:
♦ · Steinbock, ♣ · Waage, ♥ · Krebs, ♠ · Widder
Lehrling · Bube:
♦ · Jungfrau, ♣ · Zwillinge, ♥ · Fische, ♠ · Schütze
Die Zeitkarten sind selbstbezogen. Wer einen der zwölf verfehlt, hat noch keine gemeinschaftlich-irdische Wirkung.
Die Raumkarten sind ichbezogen, jeder kann ihre Bedeutung nur aus seiner Integration anjochen.
10: ♦ · Schönheit, ♣ · Wahrheit, ♥ · Güte, ♠ · Gerechtigkeit. Was nicht schön ist, wird nicht kommunikationsfähig. Was nicht wahr ist, stellt das sterbende über das Wachsende. Was nicht gut ist, vernichtet andere Wesen, und was nicht gerecht ist, zerstört die große Gemeinsamkeit. Diese vier bilden als Ideale die Koordinaten des Menschen im All.
9: ♦ ist der Entwurf: er muss im ♣ besprochen, im ♥ auf die Inspiration geeicht werden und im ♠ aus den neun Mächten — makrokosmisch den Planeten, mesokosmisch den Sprachimpulsen und mikrokosmisch den Elementegruppen — deduziert werden, um das Tor zwischen Jenseits und Diesseits zu öffnen.
8: ♦ ist Verantwortung: sie richtet sich an die Freiheit des anderen über das Erklären im ♣, findet ihre Verdeutlichung in einer mantischen Form im ♥ und muss sowohl auf den persönlichen Engel ♠, die eigene Aufgabe als auch auf das kosmische Gleichgewicht ethisch geeicht werden.
7: ♦ ist kämpfen. Durch ♣ ist der Kampf in die Frage, in die Problematik zu überführen, im ♥ der Zusammenhang auf die Fügungen der Individuation abzustimmen, um im ♠ den Zugang zur Kraft der Naturgeister, zum Ursprung zur Kraft zu finden.
6: ♦ ist Kommunikation. Sie wird im ♣ zum Besprechen konkreter sachbezogener denkerischer Zusammenhänge, setzt im ♥ Prioritäten und knüpft in ♠ an der Geschichte, den Ahnen an.
5: ♦ ist unternehmen, handeln, stützt sich im ♣ auf das Urteil, die Bestimmung der Zusammenhänge aus den Elementen, findet im ♥ den Ansatz aus einer anerkannten Funktion oder Norm und führt im ♠ in die Gemeinschaft aller, die guten Willens sind.
4: ♦ erkennt die Wünsche, die Motivation. Im ♣ wird aus diesen eine eigene Welt in der Vorstellung artikuliert, die im ♥ die Strategien zur Verwirklichung bestimmt und schließlich im ♠ im Sinne der Tiergeister Selbsterhaltung und Arterhaltung aufeinander abstimmt, also seinen Platz im Leben findet, sodass weder der Egoismus noch der Altruismus überwiegen.
3: ♦ ist die dialektische Erkenntnis im Werdegang, wird im ♣ zum Verstehen, das im ♥ auf das Inbild, die eigene höchste Möglichkeit abgestimmt ist und im ♠ das Gesetz des organischen Wachstums begreift und damit zu Vertrauen und Unschuld findet.
2: ♦ ist die Fähigkeit des Gestaltens. Sie wird im ♣ zum Begreifen mit dem nötigen Wortschatz, der den Sachverhalten entspricht, passt sich im ♥ an Mitmensch und Material an und wird im ♠ zur Eingliederung der Gestaltung in die mineralische Welt, in unsere irdische Welt, die das Einstehen für unsere Inkarnation verlangt.
1: ♦ hat als Ziel das Ganzwerden, die Integration, die Heilung, schöpft im ♣ aus der geometrischen Anschauung, der Intuition, die im ♥ über das Grundvertrauen zugänglich wird und schließlich im ♠ in den Einklang mit der Offenbarung des Ostens mündet.
0: Null ist der Aszendent, der Ostpunkt auf der Erde, die innere Leere. Durch sie und die vier Wege wird das Ich befreit und Teil des Göttlichen. So wird der Mensch fähig, den Schwerpunkt seiner Existenz vom Überleben auf das Werk zu verlegen.