Schule des Rades
Arnold Keyserling
Das Nichts im Etwas
4. Das Rad
Leben
Die Erdoberfläche, auf der sich das organische Leben entfaltet, lässt sich nach ihrer Größenordnung als siebter Oktavbereich des Radius der Erde (6357 km), begreifen:
7.
6.
5.
4.
3.
2.
1.
0.1/128
1/64
1/32
1/16
1/8
1/4
1/2
1/1Oberfläche 49, 6 km
Erdbebenwellenfrequenz 8 Hertz, —
Erdkruste 300 km? 16 Hertz = Ton c)
Magma, Erdmantel
Eisennickelkern
Infolge des Magnetfeldes muss die Erde einen Eisen-Nickel-Kern enthalten, der etwa die Hälfte des Kugelradius einnimmt. Oberhalb dieses Kerns bis zur Kruste sind die anderen Elemente im Magmazustand, welcher dem stellaren Plasma als feurigem Aggregatzustand entspricht. Über diesem Feuer, welches über die Vulkane an die Oberfläche dringen kann, gliedern sich die drei anderen Zustände: Wasser und Erde im Verhältnis 7 : 3, doch im Gleichgewicht, da die höchste Erhebung des Himalaya etwa der größten Meerestiefe in der Südsee entspricht. Oberhalb von Erde und Wasser sind die verschiedenen Schichten der Atmosphäre, die mit einer Ozonschicht abschließen, welche den Einfluss der Sonnenstrahlen oberhalb und unterhalb des Lichtbereichs auf ein Mindestmaß begrenzt.
ErdeLuft
Leben
WasserWasser
Das Gleichgewicht von Erde und Wasser äußert sich auch darin, dass das Meer am Nordpol 2.370 m tief ist, während sich am Südpol ein Berg von 2.765 m erhebt.
(Mount Everest: +8.850 m, Vitiaz-Tief −11.034 m; Atmosphäre 70 km, Ozon-Ionosphäre bis 1.000 km.)
Die Erde ist durch die Neigung der Sonnenbahn oder Ekliptik in verschiedene klimatische Abschnitte gegliedert.
Leben — das heißt Flora und Fauna verschiedener Art — entfaltet sich einerseits zwischen einer Meerestiefe von 6 km und einer Bergeshöhe von 6 km — andererseits zonenmäßig zwischen Äquator und Polen, wobei die Richtung den Polen zu und den Höhen (vom Meeresspiegel aus) in Entsprechung stehen. Insgesamt hat die Erdoberfläche einen Atmosphärendruck von durchschnittlich 560 mm, und eine mittlere Wärme von 18° Celsius, was die Voraussetzung für Leben in unserer Form bildet.
Sowohl das Wasser als auch die Luft befinden sich in einem ständigen Kreislauf, das Wasser durch das Wetter, die Einflüsse von Sonne und Mond, chemisch zwischen mit dem Zahlenwert der Gruppe 0, und dem Meereswasser mit der Struktur der Gruppe IV als Ursprung allen Lebens; und die Luft durch die Wirkung der Pflanzen auf den Sauerstoff-Kohlensäurekreislauf, der Wärmezustand durch die Jahreszeiten in den gemäßigten Zonen. Doch entscheidend ist, die Wandlung der Erde als Mineral selbst — die Verschiebung der Kontinente, die Erdbeben, das Wachstum der Kristalle und die Bildung der Gesteine.
Das Leben ist untrennbar mit dem Mineralreich verbunden, der anorganischen Materie im Bereich der Erdoberfläche. Diese gliedert sich im festen Zustand in kristalline und amorphe Formen. Kristalle — zu denen man auch alle Metalle rechnen kann — entstehen in sieben Formen, sechs symmetrischen und einer unsymmetrischen, welche den Vielfachen der Zahlen von 1 bis 4 entstammen (die Zahl 5 als Struktur taucht erst bei den Pflanzen auf). Teils entstehen Kristalle aus einer Mutterlauge wie bei den Salzen, teils bilden sie sich unter Druck wie bei den Vulkanen. Dies zeigt, dass die geometrischen Strukturen der Anschauung nicht nur für das Bewusstsein sondern auch für die Natur Erzeugungsprinzipien sind.
Hier einige Beispiele in der Ordnung größerer Komplexität (I kubisch, II tetragonal, III hexagonal, IV rhombisch, V monoklin, VI triklin):
Die Erdkruste selbst bedeutet ein Zerfallsprodukt des Minerals und bildet die Grundlage des organischen Lebens, wo immer der niedere Organismus dem höheren zum Aufbau dient. Um das Leben zu verstehen, müssen wir es nach drei Stufen gliedern. Die unterste Stufe bilden die einzelligen Protisten, die mittlere Pflanzen und Tiere, die im Gleichgewicht zueinander stehen; und die oberste die Menschen, für welche der vielfältige Organismus — für Tiere und Pflanzen Endzweck der jeweiligen Gattung — das Gefährt der Verwirklichung des Bewusstseins bildet.
PflanzeMensch
Protist
(Mineral)
Tier
Ursprung des Lebens ist die Urzelle. Sie ist gleichsam unsterblich, setzt sich durch Teilung fort und hat als Charakteristik die Fähigkeiten der Anpassung, des Stoffwechsels und der beharrenden Struktur.
Anpassung
Struktur
(Zell - teilung)Stoffwechsel
Einzellige Lebewesen sind dem Mineralreich eng verwandt. Der Tabakvirus ebenso wie manche Bakteriophagen können sowohl in kristalliner als auch in lebender Form auftreten. Doch bilden Viren und Bakteriophagen Strukturen ohne Inhalt, welch letzteren sie aus dem Wirtskörper beziehen; sie ordnen den Stoff der Zelle — Zellplasma und Aminosäuren — zu ihrem Gebrauch um.
Andere einzellige Lebewesen können entweder am Boden haften und sich damit pflanzengleich verhalten oder frei beweglich durch das Wasser schweifen (Amöben) und damit dem Tier ähnlich werden. Doch Pflanzen und Tiere sind vielzellige Organismen: ihre Zellen werden aus dem Kern gesteuert. Der Zellkern, der von der Zellmasse umgeben ist, enthält die Chromosomen, auf welche die Gene gleich Perlen auf einer Schnur aufgereiht sind.
Die Gene (als Träger aller Erbinformation sind auf vier Nukleotiden, den Buchstaben des genetischen Alphabets
Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin aufgebaut. Diese vier Buchstaben bilden komplexe Strukturen in Form rechtsläufiger Doppelspiralen, welche die gesamte Erbinformation (in 64 möglichen Triplets) enthalten, das Genom
, welches in bestimmter Weise aus zwanzig Aminosäuren (die eine linksläufige Spiralstruktur aufweisen) die Organismen von Pflanze, Tier und Mensch aufbaut.
Bei den Einzellern regelt das Genom nur die Struktur, sie pflanzen sich durch Teilung fort. Bei den komplexen Lebewesen, die aus Milliarden von Zellen gebildet sind, enthält das Genom jeder einzelnen Zelle den Schlüssel des gesamten Organismus und zusätzlich die Information, welche speziellen Aminosäuren zum Aufbau des jeweiligen Organs zu verwenden sind, wobei die Verwirklichung sich über drei Stufen — Information · Informationsträger und Synthetisierer · im Rahmen der 64 Möglichkeiten — vollzieht. Da die Zellen einer Pflanze, eines Tieres oder eines Menschen nach einer bestimmten Anzahl von Teilungen einzeln absterben — wo sie dies nicht tun wie bei der Krankheit Krebs, stirbt statt ihrer der Organismus — wird die Kontinuität der Lebewesen nur vom Genom aufrechterhalten.
Jedes höhere Lebewesen weist zwei Ordnungen auf: einerseits den Organismus, der sich von der Geburt bis zum Tod identisch bleibt, andrerseits das Keimplasma, das ein Viertel der ursprünglichen Zellmasse ausmacht und das Individuum der Generationenfolge eingliedert. Der Zusammenhang beider Ordnungen lässt sich aus dem Enneagramm ablesen: der gleichbleibende Organismus wird durch das Dreieck bestimmt, und der Kreislauf der Generationen, bei den Pflanzen Mitose, bei Tier und Mensch Meiosis genannt, wird durch die mannigfaltige Figur 1 · 4 · 2 · 8 · 5 · 7 verständlich.
Da Tier und Mensch die komplexere Struktur haben, nehmen wir die Meiosis als Grundlage. Das Dreieck bestimmt die Struktur, welche sich aus drei Keimblättern herleitet. Das innere Keimblatt bildet den Magen-Darm-Kanal und die Eingeweide als Grundlage des Stoffwechsels ( 6 ); aus dem mittleren Keimblatt entstehen die Körperflüssigkeiten, die Blutgefäße, die Bindegewebe, Fettgewebe, Knorpel, Muskeln, Knochen, vor allem das Skelett als Träger der Gestalt ( 9 ). Das äußere Keimblatt bildet die Haut, und aus einer Rinne dieser Schicht das Nervensystem als Grundlage der Sinnesorgane, die die Anpassung ( 3 ) des Organismus an die Welt gewährleisten. Bei der Pflanze entspricht ihnen die Ausbildung von Blättern ( 3 ), Stamm ( 9 ) und Wurzeln ( 6 ).
Die Zellteilung von der Befruchtung bis zur Geschlechtsreife lässt sich aus der mannigfaltigen Figur ablesen:
7 → 1 bedeutet die Vereinigung von männlichem Samen und weiblicher Eizelle in der Befruchtung.
1 → 4 bedeutet Polarisation: die Chromosomen, gesteuert aus zwei Polzentren, legen sich dem Zellenäquator entlang, womit vier Schwerpunkte entstehen.
4 → 2 die Urzelle teilt sich nach dem Oktavgesetz: 1 · 2 · 4 · 8…
Nach diesen ersten drei Schritten, die die linke Hälfte der Enneagrammfigur veranschaulicht, schaltet sich das Dreieck mit der Bildung der drei Keimblätter ein.
2 → 8 bedeutet die Ausbildung des Organismus. Die vier Nukleotiden bilden 64 (8 × 8) Dreiergruppen, von denen jeweils mehrere für die Synthese von einer der 20 Aminosäuren verantwortlich sind. Das Genom veranlasst über die Informationsträger die besondere, für das jeweilige Organ benötigte Synthese gemäß seinem Bauplan.
8 → 5 Der Organismus erreicht seine Differenzierung durch Ausbildung der Sinne bei Tier und Mensch in der Geburt, womit der weitere Wachstumsprozess sich jetzt im Wechselspiel zwischen Individuum, Eltern und Umwelt vollzieht.
5 → 7 Die Zellen des Keimplasmas erreichen die Geschlechtsreife, das Individuum ist der Generationenfolge eingeordnet und der Zyklus kann von neuem beginnen.
Das Wachstum der Kristalle erfolgt rein nach den Zahlenproportionen der Schwerkraft; bei Pflanze und Tier wird die Struktur zum harmonikalen Schlüssel, der das Wachstum in gleichbleibenden Verhältnissen bestimmt und abwandelt.
Alle Maßverhältnisse von Körpern von Lebewesen lassen sich aus dem Zahlenschlüssel der dritten Dimension im Divisionsfeld verstehen; nur wo bei einer Saite Schwingungsknoten auftreten, werden sich bei Pflanzen Verzweigungen, bei Tier und Mensch Gliedmaßen bilden können.
Die Einzeller, gleich dem Atom, haben ihre Energie als Erbe der anorganischen Materie aus der Fähigkeit des Aufnehmens und Abgebens, des Ja und Nein
, also der potentiellen Energie und Schwerkraft. Die Pflanze dagegen hat ihren Schwerpunkt in der Strahlungsenergie: alle Pflanzen nehmen die Strahlung des Lichtbereiches (zwischen 3800 und 7600 Å) über ihr Chlorophyll, das Blattgrün, auf; ein Riesenmolekül mit einem Magnesiumkern, der Kalziumreihe der Erdalkalimetalle zugehörig. Mittels der Strahlungsenergie spalten sie das Wasser. Sie setzen den Sauerstoff frei und verbinden den Wasserstoff mit dem Kohlenstoff der Kohlensäure; daraus erzeugen sie die Kohlenwasserstoffe, die die Grundlage der tierischen Nahrung bilden, während sie gleichzeitig ihren Körper aus dem Luftstickstoff aufbauen, die Wurzeln bilden nur die Grundlage des elektrischen Kreislaufs und Säftehaushalts auf Basis von Salzen.
Dieser Prozess ist kosmischen Maßen eingeordnet. Ursprünglich, vor Beginn der Vegetation, gab es in der Erdatmosphäre keinen reinen Kohlenstoff und Sauerstoff, sondern nur Kohlensäure zusammen mit Ammoniak. In diesem Zustand entstanden, wie jüngste Versuche gezeigt haben, durch elektrische Entladung bei Gewittern, also durch Blitze die ersten Aminosäuren und damit die Urbestandteile der einzelligen Lebewesen, die im Meerwasser existierten. Mit der Entstehung der ersten Sumpf- und Landpflanzen begann über das Chlorophyll die Spaltung der Kohlensäure in Atome. Gleichzeitig bildete sich aus dem freiwerdenden Sauerstoff eine Ozonschicht als Abschluss der Erdatmosphäre, die fortan hauptsächlich Strahlen des Lichtbereichs durchließ und die lebensschädigenden infraroten und ultravioletten Strahlen auf ein Mindestmaß beschränkte.
Die hiermit gesteigerte Lichtintensität verstärkte wiederum die Tätigkeit der Pflanzen in der Erzeugung der Kohlenwasserstoffe. So entwickelte sich durch das pflanzliche Leben ein Kreislauf nach kosmischen Zeitrhythmen: tags nimmt die Pflanze Kohlensäure aus der Luft auf und scheidet nachts den Sauerstoff ab. Alle Kohlensäure erneuert sich in etwa 300 Jahren, aller Sauerstoff in etwa 2.160. Der Kohlensäurekreislauf steht zum Sauerstoffkreislauf im Verhältnis 1 : 7 und dieser entspricht ¹/₁₂ der Präzession des Frühlingspunktes um den Tierkreis, also einem Weltenmonat.
Den Gegenpol der Pflanze bildet das Tier, dessen Energiehaushalt sich auf Nahrung und Verbrennung aufbaut. Während die Pflanze am Boden haftet, sich der Sonne zuwendet, eine senkrechte Achse aufweist und kosmischen Zeitmaßen zugeordnet ist, lebt das Tier in jenem Ausschnitt der Wirklichkeit, der seiner Funktion im Stoffwechsel des Lebens
entspricht: seiner Merk- und Wirkwelt. Viren und Bakterien leben in Wirtskörpern, Insekten vermitteln den Kreislauf der pflanzlichen Generationenfolge wie die Bienen, oder sie dienen der Regeneration des Bodens wie die Ameisen und bilden staatsähnliche Gemeinschaften; Wassertiere, Erdtiere und Vögel verwirklichen alle nur denkbaren Arten der Gesellschaft, von manchen Raubtieren als Einzelgängern, den paschaartigen Seelöwen, den an Verbrechergangs erinnernden Affenhorden und der hierarchischen Hackordnung der Vögel bis zu den Einehen der Graugänse. Doch kein Tier nimmt Notiz von solchen, die seinen Lebensbedürfnissen nicht zugeordnet sind. Umgekehrt kann es zu Symbiosen verschiedenster Gattungen kommen, wenn dies der Wirkwelt des Tieres entspricht, wie bei Einsiedlerkrebs und Seerose oder den Pilotfischen des Wals. Das Verhalten der Tiere wird durch das Zusammenwirken von vier Trieben bestimmt:
- Der Sicherungstrieb oder die Angst steuert die Sinnesorgane, die auf mögliche Gefahren abgestimmt sind.
- Im Nahrungstrieb ist jedes Tier bestimmten Pflanzen oder Tierarten zugeordnet.
Beide sind auf fremde Lebewesen eingestellt; die beiden anderen Triebe beziehen sich auf die eigene Gattung:
- der Geschlechtstrieb sorgt für die Erhaltung der Art,
- der Aggressionstrieb teils für die geschlechtliche Selektion, teils, mit dem Territorialinstinkt, der die Grenzen des eigenen Reviers verteidigt, für die Verteilung der Individuen im Raum, im Gruppeninstinkt für die Erhaltung der Horde, wobei er mit dem Sicherungstrieb verschwistert ist. Dem Aggressionstrieb sind Hemmungen eingebaut, welche der Vernichtung des Rivalen, wenn er nachgibt, Grenzen setzen; ferner ist die meiste Gemeinschaft unter Tieren, und ebenso die anerkannte Herrschaftsordnung in der Gruppe das Ergebnis vorhergegangener Auseinandersetzungen.
Die vier Triebe sind drei Verhaltensweisen eingegliedert, welche überbewusst
von der Gattungsseele gesteuert werden:
bedingte Reflexe
unbedingte Reflexe
endogene Engramme
- Als unterste Stufe regeln die endogenen Engramme den Zusammenhang der selbsttätigen Abläufe wie bei Jagd, Balzen, Imponiergehabe usw.
- Die unbedingten Reflexe werden durch bestimmte Merkmale — gewöhnlich zwei, eine Farbe und eine Form — ausgelöst und steuern das Verhalten im Zusammenhang mit der Mitwelt, der eigenen Gattung, den Beutetieren und Feinden.
- Die bedingten Reflexe der obersten Stufe mit der Vorstellung sind an Einzelerfahrungen geknüpft: erlebt ein Tier in Zusammenhang mit einem Gegenstand einen Schmerz, wie etwa einen elektrischen Schlag beim Berühren eines Napfes, so wird es diesen scheuen, nicht aber alle Näpfe.
Bei höheren Tieren ist die Fähigkeit der Vorstellung freier mit den Trieben verknüpft — ein Schimpanse mag Stöcke verwenden, um bestimmter Früchte habhaft zu werden. Aber immer bleibt die Vorstellung der Triebsteuerung untergeordnet. Auch bei der Dressur ist es die Trieberwartung, welche das gewünschte Verhalten über Fütterung, Schmerz oder auch Zuneigung zu einem bedingten Reflex verknüpft.
Wie die Pflanzen in die kosmischen Zeitmaße, so sind die Tiere in den Stoffwechsel des Lebens, eingeordnet, dessen Evolution bis zum Erscheinen des sprachbefähigten Menschen sich nach zwölf Stufen gliedern lässt — wobei die Entwicklung teils graduell, teils über Sprünge, Mutationen erfolgte.
Zeit | |||||
---|---|---|---|---|---|
2.6 | Mrd. | Urzeit | I | Archaikum | Urzelle im Meer |
1 | " | II | Algonkium | Blaualgen, Weichtiere, Schwämme | |
600 | Mill. | Paläozoikum | III | Kambrium | Farne, Krebse, Mollusken, Algen |
460 | " | IV | Silur | Insekten | |
400 | " | V | Devon | Wirbel-Knorpeltiere | |
320 | " | VI | Karbon | Luftatmer, Schuppenbäume | |
260 | " | VII | Perm | Riesenfarne | |
220 | " | Mesozoikum | VIII | Trias | Ammoniten, Saurier |
180 | " | IX | Jura | Flugsaurier | |
130 | " | X | Kreide | Raubsäugetiere | |
60 | " | Neozoikum | XI | Tertiär | fast alle Säuger, tropische Flora |
1 | " | XII | Quartär | heutige Fauna, Flora, Mensch | |
a) Diluvium | homo faber (Eiszeit) | ||||
seit | 11.000 Jahren | b) Alluvium | homo sapiens |
Aus der Urzeit sind keine Fossile erhalten. Diese beginnen mit dem Paläozoikum, wo sich die Zellen zu Pflanzen und Tieren vereinten, also dem dritten Zeitabschnitt. Im vierten entstehen die Insekten mit ihren Staaten, im fünften die Wirbel- und Knorpeltiere, im sechsten die Luftatmer und Schuppentiere und schließlich im siebten die Riesenfarne. Mit dem achten Zeitalter beginnt das Mittelalter der Evolution: es entstehen die Riesenschnecken, die Ammoniten und die Saurier, die sich im neunten Abschnitt als Flugsaurier in die Lüfte erheben, bis dann im zehnten die Raubsäugetiere das Feld beherrschen. Vor 60 Millionen Jahren beginnt die Neuzeit: Im Tertiär entsteht die tropische Fauna und Flora und im Quartär jene der gemäßigten Zone.
Schon zu Beginn der Eiszeiten taucht der Mensch als Werkzeugmacher auf, welche Fähigkeit ihn mit manchen Tieren wie Spinnen oder Bibern verbindet; doch die Gabe, das Feuer zu gebrauchen, gibt ihm eine Sonderstellung unter den Lebewesen. Seine Sprache war wohl ähnlich den Gebärdelauten der Tiere, also instinktiv geprägt. Vor 10 000 Jahren erwachte als Mutation in ihm eine neue Fähigkeit: jene des Denkens und artikulierten Sprechens, womit sich der Schwerpunkt seines Wesens von den unbedingten Reflexen auf die bedingten Reflexe der Vorstellung verschob. Der homo faber verwandelte sich in den homo sapiens, womit die Evolution durch die Geschichte der Menschheit abgelöst wurde, welche Ablösung aber erst in der Gegenwart, im anbrechenden technischen Zeitalter endgültig vollzogen wird.
Das Tier hat seinen Schwerpunkt durch seine Funktion im Stoffwechsel der Natur. Daher steht bei jedem eine andere Organgruppe im Vordergrund: bei manchen Vögeln das Sehvermögen, bei Fledermäusen das Hören, bei Füchsen die Witterung, bei wieder anderen Tieren bestimmte Arten der Verdauung, wie etwa die Rolle der Kolibazillen im Darm zeigt. Beim Menschen ist dagegen keines der Organsysteme im Vordergrund; sie schließen sich zum gleichgewichtigen Kreis, wobei die ersten sechs Systeme aktiv sind, und die zweiten deren Auswirkung ermöglichen:
I. | Nervensystem als Koordinator | VII. | Blut als Trägersystem |
II. | Gestaltbildende Kräfte mit endokrinen Drüsen, Haut | VIII. | Bewegungssystem (Muskel, männliches Geschlechtsorgan) |
III. | Atmungsorgane | IX. | Stoffwechselsystem mit Leber als Zentralorgan |
IV. | Verdauungsorgane | X. | Lymphsystem |
V. | Kreislaufsystem | XI. | Skelett |
VI. | Urogenitalsystem | XII. | Retikulo-endotheliales System mit Knochenmark und Milz |
Das Nervensystem koordiniert die Funktionen der Systeme. Die gestaltbildenden Kräfte, zusammen mit Haut, Sinnesorganen und endokrinen Drüsen, passen es der Umwelt ein und an. Die Atmungsorgane versorgen den Organismus mit Sauerstoff, die Verdauungsorgane führen die notwendige Nahrung zu; das Kreislaufsystem mit dem Herzen als Motor bringt Nahrung und Sauerstoff ebenso wie die Hormone der endokrinen Drüsen an die erforderlichen Stellen, und das Urogenitalsystem entgiftet den Organismus. Das Blut als Trägersystem, ein vielzelliger Organismus, hält dem Nervensystem die Waage. Das Bewegungssystem mit den willkürlichen und unwillkürlichen Muskeln und den Bändern gibt die Möglichkeit freier Bewegung, das Stoffwechselsystem mit der Leber als Speicher der Energie sorgt für die Aufrechterhaltung des Potentials. Das Lymphsystem entschlackt den Körper, das Skelett, als fester Gegenpol des Kreislaufsystems, gibt ihm Halt, und das Retikulo-endotheliale System mit dem Rückenmark und der Milz — wobei letztere durch Schwellung die Leiden des Organismus gleichsam stellvertretend auf sich nimmt — regeneriert den Leib, erzeugt Zellen und Blutkörper.
Allen Systemen übergeordnet ist beim Menschen das Großhirn mit seinen beiden Hemisphären, die mit den Händen, den beiden Körperhälften und damit der Teilung in rechts und links in Zusammenhang stehen; sein Schwerpunkt ist die elektromagnetische Energie.
Der Mensch vereint in sich die drei Reiche der Natur. Mit der Materiestruktur verbindet ihn die Zahlenstruktur seines Genoms:
Sein Organismus ist nach 47 Teilungen beendet, steht also in Entsprechung zum Element Silber als Mitte des periodischen Systems, 47 Ag 60. Mit der Pflanze verbindet ihn die senkrechte Achse und die kosmische Bezogenheit — er ist nicht einer Merkwelt, sondern der gesamten Umwelt zugeordnet; mit dem Tier die freie Beweglichkeit und die Grundlage der Nahrung in der Verbrennungsenergie, wenn auch mit dem Unterschied, dass die Nahrung bei vielen Grundstoffen erst durch chemische Verwandlung, durch das Kochen für ihn genießbar wird.
Doch der Gegenpol seines Wesens ist weder das Tier noch die Pflanze, sondern die Gesamtheit des Lebens unter Einschluss des Minerals: für das Großhirn als Träger des Bewusstseins wird die gesamte Wirklichkeit zum Gestaltungsfeld und der eigene Organismus im gleichen Sinne zum Werkzeug, wie die einzelnen Zellen für den Organismus von Tier und Pflanze, oder die Atome und Moleküle für die Zelle.
Beim Tier ist die Fähigkeit der bedingten Reflexe, die Vorstellung, dem Gattungsinstinkt und der Steuerung durch alle vier Triebe untergeordnet. Vorstellungen dienen entweder der Erfüllung von Triebzielen, oder dem gleichsam rituellen Ablauf der endogenen Engramme und unbedingten Reflexe.
Beim Menschen bilden die Triebe in anderer Verknüpfung Motive, nicht determinierende Bedingungen: der Schwerpunkt seiner Existenz liegt auf der Fähigkeit der Sprache, mittels derer er sowohl die Kontinuität seines Bewusstseins erreicht als auch mit anderen Menschen in Kommunikation tritt.
Sprache als Fähigkeit der Kommunikation gibt es schon im Tierreich; dort ist sie von Engrammen und Reflexen bestimmt. Die gleiche Art der Gesten- und Gebärdensprache findet sich auch bei der menschlichen Kommunikation in Lauten der Freude und des Schmerzes, der Affekte. Doch außer der Gestensprache gibt es eine zweite, die das Wachstum des Bewusstseins über das Lernen und die Erfahrung bestimmt. Beim Tier ist Lernen als die Fähigkeit des Erwerbs neuer bedingter Reflexe auf die kurze Periode der Kindheit begrenzt; nachher ist das Tier festgelegt und lernt nur noch in Krisensituationen, die freie Neugier verkümmert. Beim Menschen ist dagegen das Wachstum seines Bewusstseins unbegrenzt, ja unendlich; er bleibt gleichsam immer Kind.
Die Möglichkeit dieses Bewusstseins ist in den anderen Reichen schon angelegt: in der Materie in der Fähigkeit der Spontaneität des Atoms im Aufnehmen und Abgeben von Energie, in der Pflanzenwelt in der Fortpflanzung; im Tierreich in der Vorstellung (der bedingten Reflexe) und der freien Beweglichkeit; doch erst im Menschen erreicht es in der Sprache seine Autonomie.
Daher darf die Sprache nicht Zwecken der mineralischen, pflanzlichen und tierischen Existenz untergeordnet werden: das mineralisch-konservative Beharren wie im Geiz, die Überbewertung der Fortpflanzung und der Familie, oder auch das Missverständnis als politisches Tier im Sinne des hierarchischen Hühnerhofes, des Besitztriebes führen den Menschen in die Irre, entfremden ihn seinem Wesen. Nur als Zugang zu den Schöpfungsprinzipien der nullten Dimension kann die Sprache dem Menschen seine eigene Bestimmung eröffnen, welche das gesamte Leben der Erde dem Kosmos integriert.