Schule des Rades
Arnold Keyserling
Das Nichts im Etwas
4. Das Rad
Weg des Menschen
21 | Der Weg der Erde schützt den Menschen als Lehrling, der Geselle muss sich im Weg des Menschen durchsetzen. So ist der Anfang das Durchbeißen (21), die Auseinandersetzung mit der Welt, es gibt Hindernisse zu Überwinden. Über diese Bewährung erreicht man im Brunnen (48) die Inspiration, die von unten kommt. Er findet sich überall; man mag die Stadt wechseln, aber man kann nicht den Brunnen wechseln. Er nimmt nicht ab und nimmt nicht zu. Doch muss man die Methoden kennen, wie man die Inspiration heraufholt: wenn das Seil zu kurz ist oder der Krug bricht, ist Unheil die Folge. | 48 |
64 | Nur wer zum Brunnen Zugang hat, kann in der Gesellschaft mitwirken. Im Zeichen vor der Vollendung (64) muss er sich bemühen, dass alles auf seinen richtigen Platz kommt; im Gegenzeichen nach der Vollendung (63) wird ihm klar, dass das bestmögliche Gleichgewicht — alle Linien sind auf ihrem Platz — nicht in die ideale Gesellschaft, sondern in die Verwirrung führt. Es gibt keine statische Vollendung. | 63 |
56 | So wird der Geselle zum Wanderer (56), der von Ort zu Ort eilt und seine Arbeit anbietet. Nicht von außen hat er sein Maß, sondern von innen in der Beschränkung (60). Doch soll er dabei nicht zu streng mit sich sein: bittere Beschränkung darf man nicht beharrlich üben. | 60 |
14 | Wer sein Maß gefunden hat, der hat Besitz von Großem (14) und wird als Edler fähig, an der Schöpfung mitzuarbeiten: so hemmt der Edle das Böse und fördert das Gute und gehorcht so des Himmels gutem Willen. Erst in dieser dynamischen Einstellung wird er Mitte des Zusammenhaltens (8); hierbei muss er prüfen, ob er tatsächlich rein ist, dann werden alle ihm folgen. | 8 |
38 | Die Erkenntnis von gut und böse bringt ihn in Gegensatz (38); er ist nicht länger Kamerad, sondern muss bei aller Gemeinschaft seine Besonderheit wahren. Das Verstehen dieses Hemmnisses (39) stärkt seinen Charakter: er wendet sich der eigenen Person zu. | 39 |
30 | Im Haftenden (30), dem reinen Denken, heißt es: so erleuchtet der große Mann durch Fortsetzung der doppelten Klarheit die vier Weltgegenden. Er integriert seine Seele; das Abgründige (29), die Gefahr, wird zum Ansatz des Lehrens, wodurch der abwärtsführende Strom des Lebens sich umkehrt, sobald der Edle in dauernder Tugend wandelt. | 29 |
50 | Der Lehrende findet zur Teilhabe am Werk im Tiegel (50); er kocht Festgerichte, um Berufene und Würdige zu ehren, und bringt sie herrlich dem höchsten Gotte dar. Er hat seinen Ort in der Evolution gefunden: so festigt der Edle durch Richtigmachung der Stellung das Schicksal. Erst dadurch ist er dem Chaos der Anfangsschwierigkeit (3) gewachsen, kann selbst Gehilfen einsetzen; er wirkt ordnend und entwirrend. | 3 |
35 | Wer dem Chaos gewachsen ist, führt das Werk in die dauernde Dynamik des Fortschritts (35). Die Arbeit verlangt, selbst die klaren Anlagen hell zu machen, transparent zu werden, denn jetzt hat man die Anerkennung. Man findet das Glück, die Fortuna, und kann warten (5). Der Edle, der isst und trinkt und heiter und guter Dinge ist, ein echter Geselle, kann den Weg des Himmels, des Meisters, beginnen. | 5 |