Schule des Rades
Sinnfeld Rad
Schule des Rades
3. Lebenssinn
Sinn durch hermetische Exformation
Die unendliche Welt ist durch kein endliches Bild zu fassen, ist aber der Mensch in einem endlichen Bild zu fassen? In welcher Weise nun der Mensch auch ans Unendliche rühren mag, als sterbliches, körperliches Wesen ist der Mensch allemal endlich. Können wir uns also am Körper, an seiner Physiologie oder Anatomie orientieren, um Menschsein besser zu verstehen? Landen wir dann nicht zwangsläufig beim Biologismus oder einem ähnlichen Reduktionismus, wodurch dann die Menschen, die weitgehend ihre Körperlichkeit mit anderen Tieren teilen, nichts anderes sind als Schweine im Weltall
(um einen den Reduktionismus kritisierenden Ausdruck Gabriels zu gebrauchen) die nur Futter und Ähnliches im Sinn haben? Nicht im analogen Denken, durch welches der kontinuierliche Zusammenhang von Körper, Seele und Geist erkannt wird. Dieser Zusammenhang kommt im Tierkreis zur Darstellung, die Entfaltungsmatrix des Menschen und der Menschheit, die der Struktur des menschlichen Körpers folgt.1
Analoges Denken voraussetzend, erstaunt es daher nicht, dass der Tierkreis sowohl das Bild des fernen Sternenhimmels und mythischer Gestalten ist, als auch das Bild unseres Körpers. Wer als erster den Körper funktional in zwölf Teile geteilt, diese als universelle Erlebniswelten des Menschen interpretiert und dann das alles mit der Zwölfteilung des Sternenhimmels in Beziehung gesetzt hat, ist unbekannt, wahrscheinlich geht es auf Ägypten zurück. Es lässt sich aber überprüfen, ob diese Ordnung sinnvoll ist in Bezug auf das Verständnis des menschlichen Lebens, was aber eben ein Studium der Astrologie bzw. des Rades erfordert. An dieser Stelle wollen wir jedoch nicht die Analogien zwischen den zwölf Köperorganen bzw. -funktionen und den zwölf Lebensthemen verdeutlichen. Hier wollen wir einer möglicherweise erhobenen Kritik begegnen, die sich in Hinblick auf den hier vorliegenden Reduktionismus erheben könnte, der ja nicht von der Hand zu weisen ist.
Das Rad lehrt, dass die oben erwähnten zwölf Felder die Ganzheit des Menschen ausmachen, dass sie ein Urbild seiner Vollendung sind. Sich auf die zwölf Sinnfelder beziehen, heißt nun nicht, alle anderen Sinnfelder auszuschließen, sondern alle auf diese Zwölf zu eichen, sie in diese zu integrieren. Ist das aber nicht dennoch ein künstlicher, einengender Raster, den wir über die Fülle der Wirklichkeit stülpen, ein Prokrustesbett für den Sinn? Er ist so sehr und so wenig einengend wie die Organisation unseres artgemäßen und auch individuellen Körpers, welcher ja ebenfalls unser Erleben nach Maßgabe seiner Möglichkeiten einschränkt und bedingt.
Obwohl endlich in ihrer Anzahl, umfassen die zwölf Sinnfelder der Astrologie nachweislich im Prinzip alles, was die Fülle des menschlichen Lebens ausmacht. Und das ist nicht einem denkfaulen Reduktionismus zu verdanken, wie Gabriel so etwas vielleicht kritisieren würde, sondern dem oben beschriebenen analogen Denken. Eine Reduktion haben wir dabei aber dennoch vorgenommen, eine Reduktion, der kein Mensch entkommt. Wir müssen die unzählbar vielen Sinnfelder, in denen wir uns zwangsläufig finden, auf ein endliches Maß reduzieren. Denn nicht nur, dass wir mit unendlich viel Information nicht umgehen können, wir scheitern schon bei einem gewissen Übermaß an Information. Hilfreich für diese Fragestellung ist der von Tor Nørretranders geprägte Begriff der Exformation, womit die dauernd unwillkürlich stattfindende Vernichtung von Information in unseren sinnlichen Registraturorganen und unserem Gehirn vollzieht. Die unzählig vielen Signale, die auf uns einstürmen, werden auf einige wenige reduziert, erst dann ist so etwas wie Erkenntnis und Sinn möglich. Exformation vollzieht sich im Wesentlichen unbewusst, so sind eben unser Gehirn und unser Sinnesapparat gebaut. Sinnerfassen geht also immer mit Informationsreduktion einher.
Aber abgesehen von dieser unbewussten Informationsreduktion bzw. Exformation, von der jede Wahrnehmung und Erkenntnis zwangsläufig begleitet ist, ist im Bewusstsein noch eine andere Art von Exformation zu vollziehen, denn die Fülle von Bewusstseinsinhalten ist immens. Unsere Endlichkeit bringt es mit sich, dass wir nur eine endliche Zahl von Sinnfeldern berücksichtigen können, und wir daher auswählen müssen. Und unsere Wahl fiel auf die von allen Menschen geteilte Körperlichkeit, die im 12fältigen Tierkreis, dem großen Menschen, sein Abbild hat. Im Durchschreiten dieser Bereiche vollzieht sich das Finden des Sinnes für den einzelnen Menschen und für die Menschheit.
Die Menschwerdung in der heutigen Wassermannzeit, dem Sternzeichen, welches im Rad durch die Inbegriffe Körper und denken charakterisiert ist, hat also die Besinnung auf den Körper als Ansatz, was sich nicht nur in den vielen Methoden zur Erweckung des Körpergewahrseins zeigt, und in verschiedenen Formen des Körperkults seine Auswüchse hat. Es zeigt sich auch in einem Verständnis des Körpers als Matrix unserer seelischen und geistigen Entwicklung. Eine solche Reduktion auf die Körperlichkeit ist kein primitiver Materialismus, sondern eine hermetische Exformation, eine Reduktion des unendlich vielfältigen Chaos der vielen Sinnfelder auf zwölf Sinnfelder, deren Sinn sich gleichsam durch eine Übertragung des Sinnes ergibt, den die zwölf Organsysteme unseres Körpers haben — eine Übertragung und Verlängerung
dieses Sinnes in Dimensionen hinein, die über die reine Körperbiologie hinausreichen. So steht etwa der Kopf und das Zentralnervensystem samt Gehirn für das Prinzip der Führung und Durchsetzung, symbolisiert im Widder; das Verdauungssystem, mit seiner verwertenden und verwandelnden Funktion für das Prinzip der Arbeit und Mehrwertbildung, symbolisiert in der Jungfrau; etc. Diesen Kreis der zwölf Themen, das Bild des Großen Menschen
, wollen wir nun noch näher beleuchten.
1 | Die Wahl dieser 12-fältigen Systemik findet ihre Legitimität und Bekräftigung auch dadurch, dass sie Analogien hat in der Musik in Form des 12fältigen Quintenzirkels, in der Astronomie durch die Zwölfteilung des Jahres durch das Sonne-Mond-System, und in der begrifflichen Ableitung aus sieben epistemologischen Ur-Begriffen zu 12 Begriffspaaren. |
---|