Schule des Rades

Arnold Keyserling

Wassermannzeit

II. Methexis

Wortarten - Inbegriffe

Von allen Dimensionen ist nur die rationale des Denkens und der Seele nachprüfbar; sie schafft das Kontinuum der Erinnerung und des Gedächtnisses. Dividiere ich nun die neun Ziffern der nullten Dimension durcheinander, dann erlange ich als Urstruktur jeglicher Metaphysik die Grammatik, deren Systemik von Gurdjieff im Enneagramm veranschaulicht wurde. Divisionen durch 1, 2, 4, 5 und 8 ergeben endliche Brüche, also Punkte. Divisionen durch 7 ergeben einen periodischen Bruch, der je nach Zähler mit einer anderen Ziffer beginnt. Die Ziffern 3, 6, 9, die ebenfalls unendliche Brüche erzeugen, werden als zweite Figur miteinander in Beziehung gesetzt. Sie bilden das Dreieck der Zeitwortarten, während die mannigfaltige Figur die Raumworte bestimmt. Qualität ist in der Grammatik gleich Quantität, die Wortarten unterscheiden sich voneinander durch die Anzahl ihrer Kategorien. Betrachten wir sie nun im einzelnen.

  1. ist das Wort und das Bindewort.
  2. ist das Hauptwort mit Einzahl und Mehrzahl, Name und Begriff.
  3. ist das Urzeitwort in den drei Zuständen: intransitiv sein, transitiv haben, modal werden.
  4. ist das Verhältniswort, auch durch die Deklination ausgedrückt. Es hat vier Richtungen: auf das Subjekt bezogen, Nominativ; auf das Objekt, Akkusativ; auf die Beziehung zwischen beiden, Dativ; auf die Teilhabe an anderen Zusammenhängen, Genitiv.
  5. ist das Eigenschaftswort: positiv - Bestimmung; komparativ — Vergleichung; superlativ — Hervorhebung; ferner das bestimmte und unbestimmte Zahlwort.
  6. sind die sechs Sprechpersonen: ich, du, er-sie-es, wir, ihr, sie, die in jedem Satz das grammatikalische Subjekt bilden.
  7. ist das Fürwort: hinweisend, bestimmend, unbestimmt, bezüglich, besitzanzeigend, persönlich und fragend.
  8. ist das Umstandswort mit acht Kategorien: Ort, Zeit, Grund, Häufigkeit, Grad, Art und Weise, beschränkend und modal.
  9. sind die Zeitwortformen: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft; Bedingungsform, Möglichkeitsform, Wirklichkeitsform; und Leideform, Tätigkeitsform, Unendlichkeitsform.

Die Zusammenfügung der Wortarten schafft das Gedächtnis der linken Hemisphäre. Es vollzieht sich mittels drei Satzarten: im Sollsatz imperativisch, im Aussagesatz wissensvermehrend und im Fragesatz der Inspiration gegenüber offen.

W o r t a r t e n · i m · E n n e a g r a m m
Zeitworte / Raumworte

Das Subjekt des Satzes ist grammatikalisch die sechste Wortart. Das Sprechsubjekt im Unterschied vom Satzsubjekt ist die Stimme als Mitte des Rades. Die Grammatik ist formal, sie braucht einen inhaltlichen Hintergrund. Dieser wird durch das immanente Urbild im Tierkreis geschaffen, das alle möglichen Beziehungen der vier zeithaften Funktionen und der drei raumhaften Bereiche im Zwölferkreis umfasst.
Dies ist der Raster der Erinnerung in der rechten Hemisphäre, und hat viele Darstellungen gefunden. Wir verwenden die babylonisch-ägyptische und chinesische Fassung.

I Seele-wollen
Widder
Kopf
Nervensystem
Ratte Rahu
II Körper-empfinden
Stier
Nacken
Sinnesorgane
Büffel Venus
III Geist-denken
Zwillinge
Arme
Lungen
Tiger Uranus
IV Seele-fühlen
Krebs
Brust
Magen
Katze Mond
V Körper-wollen
Löwe
Rücken
Herz
Drache Sonne/Luzifer
VI Geist-empfinden
Jungfrau
Bauch
Darm
Schlange Merkur
VII Seele-denken
Waage
Hüften
Nieren
Pferd Neptun
VIII Körper-fühlen
Skorpion
Geschlecht
Muskeln
Ziege Mars
IX Geist-wollen
Schütze
Oberschenkel
Leber
Affe Ketu
X Seele-empfinden
Steinbock
Knie
Gelenke
Hahn Saturn
XI Körper-denken
Wassermann
Unterschenkel
Skelett
Hund Pluto
XII Geist-fühlen
Fische
Füße
Milz
Schwein Jupiter

Die mathematische Grundlage des Tierkreises ist der Quintenzirkel, der 84 Halbtöne umfasst. Er entsteht aus dem pythagoräischen Chi, dem Zahlenkreuz, das alle Primärprinzipien bis zum Umkreis 10 umfasst. Man kann das Rad nicht begreifen oder verstehen, sondern nur wollen. Das Denken beschränkt sich auf das Nachprüfen seiner Richtigkeit, so dass jeder Begriff, jedes Zahlenverhältnis und jede Entsprechung sich ohne Bruch auf 0 - 1 zurückführen lässt. Obwohl es sich nur spekulativ und mathematisch deduktiv erschließen lässt, taucht es spontan in Visionen auf oder erscheint manchmal als unerwartetes Ergebnis von Überlegung.
Bergson sagte einmal: man könne niemals schwimmen lernen. Denn der Nichtschwimmer ertrinkt in tiefem Wasser. Und doch können Menschen schwimmen. Dieser Schritt, etwas nicht Begriffenes anzuwenden, bezeichnet man als Initiation und damit als Ursprung der Seinsvernunft, der Esoterik. Ist es einmal zur Lebensform geworden, dann kann das Rad alle menschlichen Dichtungen, Verhaltensweisen und Lebensformen umfassen, aber in der gleichen Weise, wie eine Schreibmaschine die gesamte Dichtung potentiell enthält. Die Stufe des Gewahrseins verlangt eine innere Wandlung, eine Umkehr, die auf dem Weg dieses Wissens zu erreichen ist.

Arnold Keyserling
Wassermannzeit · 1988
Visionen der Hoffnung
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD