Schule des Rades
Arnold Keyserling
Weisheit des Rades
5. Stimme des Wesens
Integration der Motive
Jeder der Planeten hat seinen Ort im Tierkreis und im Enneagramm. Die Bedeutung ergibt sich einerseits durch seine Stellung im Zeichen, andererseits durch die grammatikalische Wortart, die er verkörpert.
Satz schafft Sinn, grammatikalische Kategorie Bedeutung. Wissen ist immer auch Verhalten. Analytisch habe ich diesen Zusammenhang oft beschrieben, am ausführlichsten in Nichts im Etwas
. Hier gilt es nun, die praktische Anwendung zu zeigen, die die ursprüngliche Bedeutung der neun Ziffern als göttlich-menschliche Attribute zeigt.
Die Planeten bestimmen seelisch die Wirkweisen der Instinkte. Man kann ihr Spielball sein, man kann aber auch ihre Kraft verwenden, um im Einklang mit der Menschheit zu wirken, wodurch man gleich der Sonne zum strahlenden und heiteren Wesen wird.
- Jupiter bestimmt das Inbild, die eigene höchste Möglichkeit, die der persönliche Name ist, den man sich als Wegzeichen vor der Geburt gewählt hat. Sowohl für sich selbst als auch für andere gilt es diese Potentialität zu erkennen, um überhaupt von einer Sache zu einer Person zu werden.
- Venus, Form und Inhalt verlangt den persönlichen Lebensstil im Einklang mit dem Inbild: die äußere Gestalt muss dieses als Autorität und Urheberschaft verdeutlichen.
- Uranus, sein, haben, werden, bestimmt den dialektischen Fortschritt im Werdegang, der nicht einem statischen Berufsziel untergeordnet werden darf, sondern der Wandlung des echten Interesses folgen muss: die einzige Unendlichkeit bei den Planeten, weshalb für diesen Impuls der Name des Himmels gewählt wurde.
- Mond, die Vorstellungsfähigkeit hat die Fähigkeit für sich und andere so zu sorgen, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Präpositionen (Verhältnisworte) beziehen sich immer auf eine Mitte.
- Merkur als Fähigkeit des Bestimmens, Vergleichens und Hervorhebens, als Urteilskraft gibt die Möglichkeit, ein Vermögen zu bilden, wirtschaftlich unabhängig zu werden, um jene Stellung zu erreichen, in der man gemeinschaftlich wirken kann.
- Neptun, die personale Fähigkeit des Verhandelns, der soziale Sinn, lässt einen jene Menschen finden, mit denen man in Kommunion und Kommunikation treten kann.
- Mars, die Fähigkeit zu beginnen und für einen Wert zu kämpfen, der wichtiger ist als das Überleben, schafft den Neuanfang allen Wirkens.
- Saturn, Beherrschung der Umstände im Sinne des Umstandswortes und der Verantwortung, zeigt einem den Ort und den Zeitpunkt, wo man in der Reihe der Generationen als Kompetenz seine Macht erreicht: nicht zu hoch und nicht zu niedrig.
- Pluto zeigt durch seine grammatikalische Fähigkeit die Schaffung einer Dauer: Vereinigung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Planen. Erkenntnis der Bedingungen, um das Mögliche aktiv, passiv oder mitschwingend zu verwirklichen. Hier wird der Mensch im bewussten Sterben — indem er seine Gaben der Welt als Verkörperung zurück gibt — originell zum Erfinder seiner selbst. Wie das Genom einer Druckmaschine gleicht, zufolge welcher sich die Zellen des Körpers immer wieder erneuern, drängt Pluto jeden dazu, seine Fähigkeiten gleich neuen Maschinen, die selbsttätig zum Nutzen anderer arbeiten, dem Weltall als Bedeutender zu übergeben.
Pluto ist der Impuls der Wassermannzeit, mythisch Herr des Hades als Ort ewiger Wiederholung. Seine Gefahr ist heute in der falschen Herrschaft der Experten offensichtlich.
Vereinzelt werden die Instinkte zu Lastern, die einen im Sinne der Dunkelwaltung mitreißen, wenn er nicht wahrer Mensch geworden ist:
- Jupiter äußert sich als Eifersucht,
- Venus als Eitelkeit,
- Uranus als schrankenloser Ehrgeiz,
- Mond als Lüge,
- Merkur als Geiz und Habsucht,
- Neptun als Neid,
- Mars als Streitsucht,
- Saturn als Machttrieb und
- Pluto als Ruhmsucht.
Wer sich die Eigenschaften zuspricht und sich mit seinem Ichbild identifiziert, fällt ihrer mechanischen Wechselwirkung zum Opfer. Nur wer sie bewusst anjocht, wird imstande aus seiner Sonne zu leben — seinem Wesen als Teilhabe des Menschen im All — und dieser die Planeten einzugliedern.
Planeten und Tierkreiszeichen sowie die astrologischen Häuser stehen in einem Horoskop in einer bestimmten Verschränkung zueinander, welche die räumliche und zeitliche Sonderart prägen: die Anlage als Weg
anstelle der Teilhabe an einer historischen notwendig einseitigen Kultur und Geschichte. Das Horoskop zeigt räumlich die Merkwelt, zeitlich im Nacheinander der Siebenjahresabschnitte die Wirkwelt. Die Elemente sind bei jedem gleich, nur ihre Kombination ist verschieden, woraus folgt, dass jegliche Seinshierarchie ein Unsinn ist: wir sind alle gleich auf dem Niveau der Menschlichkeit, wenn wir nicht mehr von den Konstituenten mitgerissen werden, von denen jede, einzeln genommen, stärker ist als das Ichbild. Nur die Sonne, das Wesen, das Bekenntnis zum Strahlen und Opfern ist ihnen gewachsen. So hat das Horoskop den gegenteiligen Sinn dessen, was die landläufige Astrologie annimmt: es ermöglicht dem Verständigen, seine Anlage und Begabung, seine Eigenschaften und auch die ihn bestimmenden Ereignisse außer sich zu erleben, um ganz leere Erdmitte zu sein.
Aber dieses außer-Sich muss erst errungen werden. Es gibt die formale Erziehung der Schule und Universität, um die lokale, sprachlich gegliederte Kultur zu erlernen. Es gibt aber darüber hinaus die Freiheit und Selbstbestimmung. In der Sprache müssen die Wortarten — Hauptwort, Zeitwort, Eigenschaftswort, Umstandswort usw. — gleichgewichtig gebraucht werden, um einen Sinn als Information mitteilen zu können. Desgleichen müssen die seelischen Konstituenten, die personalen Beziehungen von äußeren Zwängen in innere Fähigkeiten verwandelt werden.