Schule des Rades

Wilhelmine Keyserling

Mensch zwischen Himmel und Erde

V. Heilige Zeit

Heilige Zeit

Zeit — Ablauf — Lauf der Dinge — der Sonne und Planeten, Bewegung, Rückgang, Fortschritt, Wiederkehr.
Was durch einen Beginn in das Zeitgeschehen getreten ist, hat auch ein Ende; Geburt und Tod.
Nichts kann der Zeit entrinnen. Hat die Zeit selbst einen Beginn? Kann man ihr auf die Spur kommen?
Der Urknall; ein Schöpfungsmythos in zeitgemäßer Sprache; aber führt er mein Bewusstsein an den Ursprung heran — an den unerschöpflichen, sich selbst zeugenden Urquell?

Der Zeit entrinnen — die Zeit zum Stillstand bringen. Das Unmögliche erleben! Ein scheinbarer Stillstand; wenn der Faden reißt oder das Da-Sein des Augenblicks so intensiv wird, dass es das Werden überwiegt, — wenn ein anderer Blickpunkt sich einstellt, der die Linie, vom Augenblick aus gesehen auf einen einzigen Punkt projiziert. Wunderbare Erfahrung des Da-Seins aber —
an der Ewigkeit teilhaben, am unveränderlichen, unsterblichen, unwandelbaren Sein.

Und Sein ist so viel wie Nichtsein in Bezug auf alles was es gibt. Es ist das Nichts, dem alles entspringt. Eine Form des denkbaren Nichts ist die heilige Null,

— Potentialität —
die bergende Macht — der die Schöpfung

vom Nichts zum Etwas entspringt, die jene zehn Verschiedenheiten birgt, Schöpfungsprinzipien, die den Raster der Vielfalt konstellieren.

Die ersten fünf Schritte führen in das Bewusstsein: Mensch. Sie entspringen dem

Geeintsein —
der Gegensätze,
die sich dreifältig begründen,
vierfältig wirken,
in der Fünf ihr Wesen erkennen:Mensch.

Dreifältig ist Bewegung in sich selbst; das vierfältige Vermögen der Beweger bringt den Austausch mit der Welt (im Zeitkreis) — von innen heraus, von außen herein,

vermöge der FünfP f e i l k r e u zals Mitte.

Die Scheidung des Einenden Einen führt mit der Zweiheit des Bergenden und Zeugenden in das Vorwiegende. Nur in der Einung gleichwertig, ist von nun-an-der-Teilung das Vorwiegende Kondition des Werdens: immer wird der Anstoß von Yin zu Yang oder Yang zu Yin erfolgen.

Über die bestandverleihende Dreiheit und die vier Beweger entsteht, 3 × 4, das zwölffältige Model der Verwirklichung aller zukünftigen, gegenwärtigen und vergangenen Möglichkeiten des Fünften, der die Wesenheiten 1, Feuer, 2, Mineral, 3, Pflanze, 4, Tier, potentiell in sich birgt und der Vollendung zubringt.

Der Vollendete ist der Mensch im All, Geist des Tierkreises. Für uns, vom Vorwiegenden aus gesehen, ist er Wirkfeld, Yangfeld, Zeitfeld der Verwirklichung alles Menschenmöglichen.

Die ersten fünf Schöpfungsprinzipien führen in die Menschwerdung (konstellieren den Zeitkreis), die weiteren fünf bringen seine Rückverbindung zum Lebensganzen, das über die Kraftlinien des Raumkreises erfahrbar wird. Über 6, 7, 8, 9, mit dem Schöpfungsganzen rückverbunden, findet der Mensch im Raumkreis, bzw. der Raumkugel, den oben ist Überall, unten Mitte, seine Geborgenheit im großen Yin — der Urmutter:

Mit 6 ist er in die Familie der Geistwesen, der Ahnen eingebunden, als Glied der Goldenen Kette,
mit 7 hat er am Strom der Lebenskräfte teil,
mit 8 steht er im Gesetz des unwandelbaren Rasters, in dem sich Wandlung vollzieht, ist mit den Mächten des kosmischen Zusammenhalts verbunden, auf dass er selbst in Einklang, die Bedürfnisse aller beachtend,
über 9, seine (9) Fähigkeiten an die Erzwesen der Verwirklichung anschließend, zum Mitwirkenden am Werk erwachse.
Diese neun Kosmischen wirken durch ihn, wenn er es will, wenn sein Bewusstsein in der 10, der Mitte verankert, im Einenden Einen wurzelt.

Im Zeitkreis wird er zum Kreuzträger, indem er die vier Beweger unterscheidet und trennt. Das ist seine Reinheit und Kraft. Auf diese Weise wird er zum Handelnden.
Im Raumkreis zentriert er sich über die Achsen O — W, — S — N, die in der Zeit dazwischen in das Unendliche vorstoßen, um dessen Wesenheit einzuholen in die Mitte,
und findet über die Kraftlinien des SO, SW, NW und NO die kosmische Einstellung zur Verwirklichung des Lebens in der Zeit. — Und das Getragensein vom Geist der Zeit ist das Erste dieser Vier, dem die Verbindung mit den Unsichtbaren der Körperwelt, den Lebenskräften folgt; die Erkenntnis der tatsächlichen Bedürfnisse im Zusammenwirken zur gemeinsamen Entfaltung steht an dritter Stelle — und führt in die Mitwirkung am Werk.
In der indianischen Zahlenschreibung kommt die Bedeutung der Sechs als das Erste, das Raum und Zeit im Wirken vereint, die Sieben als Zweites, etc., sehr schön zum Ausdruck.

So bezieht der Mensch aus dem Raumkreis die Kraft um in der Zeit zu wirken.

Raum und Zeit sind uns gegeben
um ein Stückchen Leben zu leben
das nicht stirbt
Streue die Asche in alle Winde
und finde was dir gegeben zu leben
was wirdFreue dich   Freue dich

Wilhelmine Keyserling
Mensch zwischen Himmel und Erde · 1985
V. Heilige Zeit
© 1998- Schule des Rades
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