Schule des Rades
Wilhelmine Keyserling
Mensch zwischen Himmel und Erde
IV. Über die Chakren - Betrachtung und Erfahrung
Das Rad
Das Rad war für uns der Raster des Verstehen geworden, das eng mit Erfahrung und Tun, Arbeit an sich selbst und in der Welt, Richtigstellung unserer Einstellungen und Bemühungen verwoben war.
Von den Schöpfungsprinzipien blieben nur die Acht und Zehn dem theoretischen Verständnis vorbehalten. Obwohl die mathematische Erkenntnis der acht Dimensionen von Raum und Zeit und ihre Beziehung zu den Trigrammen des I Ging für uns sehr aufregend war, und bestimmt zu den wesentlichen Einsichten gehört, die die Struktur des Lebendigen erhellen, wussten wir nicht viel damit anzufangen.
Wir waren uns nicht bewusst, dass wir, und wie sehr wir im Achter-Zehnerrad leben, und wie wir es verwenden, bis wir unsere indianischen Freunde Swift Deer und Hyemeyohsts Storm trafen.
Storm hat die besondere Begabung, die Zahlenschlüssel der nordamerikanischen Überlieferung, den Sacred Count
auf seine Essenz zurückzuführen — Swift Deer ist manchmal ein wirklich bestrahlter Lehrer.
Das Rad als Lebenskreis, als Zeitrahmen war uns wohl bewusst: dass uns jeder Monat ein neues Wirkfeld bringt — dass jedes Jahr uns neue Umstände der Erfahrung, des Lernens und Wirkens bietet, im Rhythmus der Planeten — die 24 Stunden von Tag und Nacht die Thematik des Tierkreises spiegeln — dass der Raum, mit seinen acht Himmelsrichtungen eine Wirklichkeit ist, dass er uns hält und trägt, dass er uns achtfältig beschenkt, wenn wir uns als 5 und 10 in seiner Mitte wissen, dass wir über die acht Kräfte in achtfältiger Beziehung mit Der Möglichkeit, dem Ungeborenen, dem Nagual stehen, und dies ganz real erfahren können, indem wir uns der Raumkraft öffnend in die jeweilige Himmelsrichtung setzen, haben wir erst durch die indianischen Riten erlebt.
Dass wir von der Zeit aus gesehen den Kreis umschreiten (Tag, Jahr), um uns aber im Raum zu zentrieren das Kreuz schlagen: O, W, S, N, ist einleuchtend; orientieren wir uns doch auf diese Weise auf jeder Landkarte.
Die Chakrenordnung lässt sich im Umschreiten des Achterkreises ablesen.
Die Chakrenordnung der Zehn setzt also im Osten mit 1 an, Westen 2, Süden 3, Norden 4, 5 Mitte (südlich) ist der Mensch selbst, 6 ist die Kraft des Südostens, 7 des Südwestens, 8 des Nordwestens, 9 des Nordostens, und 10, Mitte (nördlich) ist sozusagen der zweimal Geborene, der sich über Maß und Zahl in seiner Welt orientiert, dieses seltsame Wesen, das lebt und sich leben weiß, den Einklang mit Erde und Himmel sucht.
Um diese Chakrenordnung zu verstehen, muss man sich eingehend mit dem indianischen Zahlenschlüssel, dem Sacred Count
befassen. Auch Pythagoras war die Null und die zehn Zahlen als Schöpfungsprinzipien heilig — das der Welt zugrundeliegende Geheimnis.
Für die Indianer sind sie Kommunikationsmittel des Menschen mit der Erde und dem All. Sie sind der Schlüssel der Einstimmung auf allen Ebenen, der alltäglichen wie der feinstofflichen Welt, die dem Magier, dem Weisen, der die Wirkungen kennt, zugänglich wird.
In Arnolds Ausführungen, der die Synthese aller Zahlenordnungen anstrebt, mag der Leser allmählich Einblick gewinnen.
Als ich auf die indianischen Zahlenschlüssel stieß, legte ich zuerst einmal jeglichen Vergleich mit bekannten Strukturen beiseite. Ich fuhr im Februar 1981 nach Los Angeles, um Swift Deer und Hyemeyohsts Storm zu treffen. Einerseits war ich dem Unerwarteten gegenüber offen, andrerseits wusste ich, dass es um die Vermählung der zwei Räder geht: des Nord-Rades mit dem Rad des Südens, dem Medizinrad.
Was mir in Berührung mit der indianischen Geisteshaltung besonders wesentlich schien — wesentlich für unser Zeitalter war das Folgende:
Die Einende Gottheit, die immer als Urkraft-Urlicht erfahren wurde, als Urgrund, unendlicher allgegenwärtiger Raum, unendliche Leere, der alles entspringt — Urmutter — und Ursprung des Geschehens, der Zeit und Ewigkeit, heilige Schöpfung — Urvater — war in den Zivilisationen der letzten Jahrtausende, auf die wir uns zurückführen, zum Vatergott geworden. Die Eigenschaften des Raumes wurden zwar im Kirchenbau beachtet; ihr Symbolcharakter hatte für den Einzelnen jede Realität verloren. So ist über den Raumkreis der Indianer die Beziehung zur Urmutter wieder eingebracht worden.
Bei unseren indianischen Freunden habe ich eine sehr konkrete Einstellung zu den Chakren gefunden. Nicht die mystische Erfahrung, sondern die Heilung balancing
das in Einklang bringen der Chakren, steht im Vordergrund. Worum es zu gehen scheint, ist, dass der feinstoffliche Apparat funktioniert! Die Beziehung zwischen Chakra und den im entsprechenden Bereich liegenden Organen ist für sie evident. Wenn ein Chakra ausfällt, sind auch Organe in diesem Bereich angegriffen und vice versa. Die Vitalisierung der Chakrenschwingung durch Auflegen von Kristallen, Reinigung mit der Adlerfeder und anderen Methoden, kann das gestörte Verhältnis wieder herstellen.
Die Ortung der sieben Chakren ist die gleiche wie in der indischen Tradition. Das achte Chakra stellt die Körperlichkeit, auch Gesundheit, in Wechselwirkung zur Außenwelt dar.
Das neunte Energiefeld ist der Ätherleib, dessen energetische Bewegung in der Aura sichtbar wird, die den ganzen Körper umgibt. Das zehnte Chakra wird als Higher Self,
Höheres Selbst bezeichnet.
In der indianischen Heilung werden alle zehn Chakren einbezogen.
Manche der Bezeichnungen waren mir gleich einsichtig, andere wieder weniger.
Ich hatte die Gelegenheit länger mit meinen schamanischen Freunden beisammen zu sein. Ich versuchte zu lernen, zu beobachten, zu verstehen. Langsam begannen die verschiedenen Ordnungen einzurasten. Ich wusste, dass ich im Traum daran arbeitete, konnte den Traum aber nicht in logische Erkenntnis übersetzen. Die Chakrenmeditation hatte ich für mich und meine Schüler beiseite gelassen; ich wollte sie erst wieder aufnehmen, sobald sich meine Intention geklärt hatte. Inzwischen habe ich Einsicht gewonnen; es war aber ein langer Vorgang.
Eines Tages hatte ich das Bedürfnis nicht länger zu warten, und bat Arnold, der die Gabe hat, zu vernehmen und aufzuschreiben, mit mir die Frage an den Menschen im All zu stellen.
Ich fragte: Wie kann ich die Chakren meditieren?
und erhielt die Antwort:
Indem du dich auf deine Liebe einschwingst
und dich als Flöte verstehst,
durch die der Atem Gottes auf und nieder braust.
Indem du dich leer machst, und jedes einzelne
Chakra durch genaue Bestimmung öffnest:
das erste | der Kraft sich hinzugeben, um zu tun |
das zweite | die Bewegung aus der Mitte zu erleben |
das dritte | im Wachsen zu sein |
das vierte | seine Rolle zu finden |
das fünfte | Wort zu werden |
das sechste | an der Fülle teilzuhaben |
das siebte | der Seligkeit der körperlichen Ganzheit innezuwerden. |
Für diese Worte war ich sehr dankbar. Sie scheinen mir einerseits, als poetische Mitte der zwei Ordnungen, eine Vertiefung in beide Richtungen freizulassen, andererseits fordern sie in ihrer unmittelbaren Schlichtheit keine Kenntnis der Struktur. Sie dienen mir als Gefährt meiner Kraft der Intention, wenn ich meditieren will, oder in jeglicher Lebenslage zur Rückbesinnung auf die meinem Wesen entsprechende Einstellung. Ich will sie hier zum Anlass nehmen, mein Verständnis zu vertiefen, und mich in ihrem Zusammenhang auf alles zu besinnen, was mir und anderen weitere Anregung bringen könnte.