Schule des Rades

Wilhelmine Keyserling

Mensch zwischen Himmel und Erde

V. Heilige Zeit

Einführung in Heilige Zeit

Was ich hier schreibe, ist im Anschluss an meine Anlage als Weg, wo ich erstmals zeige, wie sich jeder selbst aus den sieben Elementen des Bewusstseins, den vier Bewegern (Funktionen), empfinden, denken, fühlen, wollen in den drei Bereichen, Körper — Seele — Geist, das Verständnis der zwölf Gebiete des Tierkreises erarbeiten kann, ohne sich auf traditionelle Aussagen zu stützen — wie die neun Planeten als Wirkweisen im Enneagramm (Neuneck) einsichtig werden. Es ist eine neuartige Methodik der Kombinatorischen Kunst in der Betrachtung des Horoskops; eine Grundlage der philosophischen Astrologie.

Nach langjähriger Einübung und Erfahrung dieser Methodik, die sich auch über das Verständnis der Chakren weiter klärte, wie ich es in den ersten Kapiteln von: A. & W. Keyserling, Magie der Chakras zu beschreiben versuche, kam es zu einer unerwarteten Fragestellung, als unser Schamanenfreund Hyemeyohsts Storm meinte: Deine astrologische Darstellung ist ja sehr interessant, aber wo äußern sich die Planeten als Göttinnen?

Ich begriff erst allmählich, dass die Planeten, wie sie im Rad als Urhoroskop oder dem Geburtshoroskop als Verwirklichungsfeld der Anlage stehen, eben als Wirkkräfte gesehen werden, über die wir unser Schicksal gestalten — dass wir sie aber auch als Göttinnen erfahren müssen, deren Begnadung wir empfangen.

Immer wieder wies unser Freund darauf hin, dass wir nur über die Erkenntnis der Planeten als Wesenheiten ihre magische Kraft erfahren. Gnosis bedeutet magische Aneignung von Wissen.
Gnosis besagt, dass wir als Wesen nur mit den Wesenheiten der Evolution — sei es der Minerale, Pflanzen, Tiere, der Planeten und Himmelsrichtungen oder kosmischen Potenzen jedweder Art — in eine Beziehung treten können, in der sich Aneignung, also Einverleibung ihres Vermögens vollzieht.

Die Betrachtung der Planeten in ihrer Reihen- und Ziffernfolge von der Sonne aus gesehen, als abgewandeltes Licht, im Conjurers Count, wie ihn die Indianer nennen, würde uns ihre Wesenheit offenbaren; und nur als solche können wir sie anrufen, bzw. beschwören.

P L U T O
10
N E P T U N
9
U R A N U S
8
S A T U R N
7
J U P I T E R
6
L U Z I F E R
5
M A R S
4
E R D E · M O N D
3
V E N U S
2
M E R K U R
1

S O N N E
 

Ich nahm diese Aussage zur Kenntnis. Aber erst, als ich in unserem Buch Das Nichts im Etwas ein Kommentar zum Unterscheidenden Bewusstsein schreiben wollte, drängte sich diese Ordnung als Entfaltungsweg als Stufenleiter der Menschwerdung — also senkrecht zum Wirkfeld des Lebens — auf. Ich war selbst überrascht und ergriffen von dieser Einstellung, die die rationale Kenntnis durchaus einschließt, mir aber eine persönliche Beziehung, eine Ahnung der Wesenheit dieser kosmischen Entitäten eröffnete.

Inzwischen wurde uns auch der Tierkreis als Wesenheit, als Mensch im All, in dessen Bild wir geschaffen sind — Potentialität alles Menschenmöglichen, kosmisches Model, Avatar der Wassermannzeit, der sich nicht mehr auf der Erde inkarniert, den wir im Kosmos als Partner erkennen, ansprechen, fragen können — immer bewusster; — der Mensch im All; zeitlos hinter der Zeit; in unsichtbarer Ferne und hautnah; Großes Gesicht in dem wir untergehen, aus dem unser Bewusstsein auftaucht; Zusammenhang des Bewusstseins im Einstieg in das menschliche Leben; Einender Einer von Raum und Zeit, Erde und Sonne, Kraft und Licht in ihrer Auswirkung.
In der Ablösung vom Körper mögen sich andere Horizonte auftun; in der Inkarnation ist Adam Kadmon, ist Mahapurusha, Model unserer Menschwerdung.

So sind Raum und Zeit heute einerseits Grundlage des mathematischen Verstehens, andererseits verbindet uns die Kenntnis der Zeit im Ritus in neuer Weise, unmittelbar mit der Ewigkeit, die Himmelsrichtungen als Kraftlinien zentrieren uns im unendlichen Raum: wir erfahren den heiligen Raum, die heilige Zeit.

Das Rad zeigt die Nahtstellen, wo Raum- und Zeitkreis sich treffen. Der Ostpunkt ist der Frühlings-Äquinoktium, der Nordpunkt Sommersonnenwende… Christus ist, wie man weiß, nicht am 24. Dezember geboren. Wenn Zeit an sich heilig ist, bzw. den Zugang zum Heil, zum Ganzen birgt, dann ist die Wintersonnenwende nicht bloß durch das Christfest geheiligt. Wenn diese Raumzeitpunkte eine heilsame Wirkung erfahrbar machen, dann wollen wir diese minutengenau erleben, und Mitwirkende am Geist der Zeit werden.
Ähnlich mögen unsere Überlegungen verlaufen sein, die uns dazu brachten, uns auch bei Nacht und Nebel im Steinkreis, unserem Erdheiligtum am Waldrand von Hintersdorf, zu treffen, um die Beziehung Erde — Mensch — All im Laufe des Jahres achtfältig zu erneuern, und von dieser jeweils besonderen Vermählung von Licht und Kraft, von Einblick und Bereitschaft zu tun, getragen zu werden.

Die theoretische Grundlage des Zusammenhangs von Raum- und Zeitkreis hat Arnold auch im Büchlein Das Erdheiligtum, skizziert. Ich will nun, nach einer kurzen Betrachtung der Zeit, berichten, wie wir in diesem Jahr versuchten, uns auf die Feste einzustimmen.

Wilhelmine Keyserling
Mensch zwischen Himmel und Erde · 1985
V. Heilige Zeit
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD