Schule des Rades

Dago Vlasits

Vom Sinn der Zahl - Teil III

Elektromagnetismus – Metall – Edler

Die Kraft, die uns die Dinge so sehen lässt, wie sie eben sind, ist der Elektromagnetismus. Es sind aber nur indirekt die Photonen der Sonne, welche uns die Dinge zeigen. Das Licht der Sonne wird an der Oberfläche der Objekte reflektiert, auch die Helle des Tages und die Farben des Himmels sind die an den Atomen der Atmosphäre reflektierten Photonen. Wir empfangen also immer die Photonen, welche von Oberflächen reflektiert werden, und diese Flächen sind immer die Oberfläche der Atome, bzw. die negativ geladenen Elektronen des Atoms, welche nach Maßgabe bestimmter Quantenzahlen um den positiv geladenen Kern schwingen und die Art des wieder zurückgeworfenen Lichts bestimmen.

Doch nicht nur die elektromagnetischen Wellen werden von den Atomen reflektiert, das Atom selbst, die erste ganzheitliche (und gesättigte) Gestalt unter den Materiepartikeln ist im wesentlichen eine Wirkung des Elektromagnetismus. Die 7 Haupt­quan­ten­zahlen der atomaren Energieniveaus und der Achterschlüssel der Verbindung, wie er im Edelgas am reinsten verwirklicht ist, ist das strukturierende Spiel der positiven und negativen Ladungen. Alle Gestaltungen die uns umgeben entstammen der molekularen Bindungsfähigkeit des Atoms. Die Gesetze des Elektromagnetismus bestimmen also nicht nur die Art des Lichts, welches von den Objekten in unser Auge reflektiert wird, sondern die gleichen Gesetze bestimmen auch den tatsächlichen Aufbau des Objekts.

Die Bindungsfähigkeit des Atoms ist in der ganzen molekularen Vielfalt dieser Welt zu erkennen, aber die elemantarste Bindungsform des Atoms ist die sogenannte dichteste Kugelpackung, wie sie die Metalle besitzen, was sie knetbar und elektrisch leitfähig macht. Eigenschaften wie Leitfähigkeit, Formbarkeit und Reflexionsvermögen lassen uns verstehen, warum die Chinesen als Bild dieser Stufe das Metall und den Edlen gewählt haben.

Das blank polierte Metall ist einerseits der Spiegel, welcher alles wahrhaftig wiedergibt. So reflektiert auch die Sprache des Edlen die Wahrheit, wenn sein Denken auf der Systemik des Ur-Atoms gegründet ist, wenn das Denken die natürlichen Strukturen wiederspiegelt, und keine trüben Konstrukte und Ideologien. Andererseits ist Metall Werkzeug und Waffe für den, der sich zum Tun entschließt, und zugleich ist Metall das Medium, in welchem sich das Werk vollzieht. Denn der Edle findet die Welt nach atomaren Gesetzen gebaut, die er erkennt und reflektiert, zugleich aber findet er diese Welt als formbar vor, als schmiedbar und nahtloser Neubindung fähig wie das Metall.

Auch Wasser ist ein kontinuierliches Medium, im Fließenlassen können wir potentielle Energie abgeben und aufnehmen. Metall ist ebenso kontinuierlich verformbar, doch es fließt nicht von selbst. Es ist meine Entscheidung, ob ich dem vorfindlichen Metall eine sinnvolle Gestalt aufpräge oder nicht. Diese Stufe ist jene des Edlen, der eigentlich normale Mensch. Er weiß, dass die sinnvolle Gestaltung seines Lebens ganz allein von ihm selber abhängt. Sinnvoll kann die Gestaltung aber nur werden, wenn er das Licht des Elektromagnetismus versteht und erkennt, wie es sich in den Strukturen des Atoms wiederspiegelt.

Das Vorbild, nach welchem der Würdige strebt, ist letztlich der Edle, also derjenige, der sein Leben aus jenem Licht gestaltet, wie es uns durch das Spektrum des Ur-Atoms gegeben ist. Im trivialsten Sinne ist die Kenntnis der 92 natürlichen und der 26 künstlich herstellbaren Elemente, ihre 7 Perioden, der Achterschlüssel der Bindung und der 10 chemischen Gruppen notwendig, um sie eben als technisches Baumaterial der Chemie und Physik zu begreifen. Diese Ordnung gilt es aber auch im Sinne der Alchemie oder Alphysik zu verstehen, als jenes Wissen, welches banales in sinnvolles Leben, Blei in Gold verwandeln kann, wenn sich der Mensch dazu entschließt.

Dem Metall entspricht die Bewusstseinsstufe der Reflexion, die Ebene der rationalen Zahl. Es ist die Fähigkeit, die Grenzen der Teilung als auch die Teile des Teilbaren zu erkennen, und neue Konstruktionen und Synthesen zu schaffen, welche aber im Einklang mit der natürlichen Systemik sind.

Dago Vlasits
Vom Sinn der Zahl - Teil III · 1996
Studienkreis KRITERION
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