Schule des Rades

Dago Vlasits

Vom Sinn der Zahl - Teil III

Von 4 zu 5

Alle Erscheinung offenbart sich durch die 4 in ihrer Ganzheit, alles lässt sich aus einem vierfältigen Grund begreifen, wie etwa durch die 4 Ursachen des Aristoteles: Auf die Frage nach der Stoffursache erkenne ich bei einem Tisch das Holz als sein materielles Substrat, im Sinne des Torusattraktors. Die Zweckursache ist in der Funktion des Tisches als erhöhte Abstellfläche gegeben, als immer wieder verwendbarer Gebrauchsgegenstand im Sinne des Grenzzyklusattraktors. Als Wirkursache erkenne ich etwaige Bedürfnisse und Ideen eines Schreiners oder Auftraggebers und den darauffolgenden zielgerichteten Energieeinsatz im Sinne des Fixpunktattraktors. Der vierte Grund, die Formursache aber ist die Aktualisierung eines Formpotentials, die Wirkung der Information. In jedem Akt der Schöpfung ist es die Wahl einer Zahl oder eines Zahlenkomplexes, welche Ganzheit, Wandlung und Sinn eines Wirkzusammenhangs konstituiert.

Mit der Vierfältigkeit scheint das Ganze erfasst zu sein, bei Aristoteles durch die vier Gründe, in der Physik durch das Kontinuum der vierdimensionalen Raumzeit, durch die vier Attraktoren oder durch die vier Kräfte (starke Kraft, schwache Kraft, Elektromagnetismus und Gravitation). T e t r a k t y s Auch für Pythagoras war die Tetraktys, die Vierzahl das Siegel der Ganzheit. Die Wirklichkeit des vierdimensionalen Universums erzählt sich gleichsam aus der Potentialität der Null heraus. Doch diese Vierheit ist zugleich eine Zehnheit, wie es die Tetraktys sehr einfach in der Addition zeigt — 1 + 2 + 3+ 4 = 10. Für die pythagoräische Auffassung ist also die Zahl das schöpferische Prinzip, eine Deutung, die der modernen Mathematik als Formalwissenschaft fremd ist. Eine Erklärung aber, was aber Zahlen sind, ist ihr ebenso fremd. Das Vermögen, sich Zahlen zu vergegenwärtigen wird dort gemeinhin als eine Ur-Intuition verstanden, die nicht weiter begründbar ist, und die Verwendung des Dezimalsystems wird als Konvention betrachtet. Tatsächlich gibt es aber einen einfachen geometrisch-formalen Erweis, inwiefern die 0 und die 9 elementar für unsere Raumzeit sind. Geht man nämlich vom Einheitswürfel als Veranschaulichung unserer Raumzeit aus, so taucht in dessen nullhafter Mitte die 9 auf. In dieser Mitte kreuzen sich die vier Raumdiagonalen, die jeweils die Größe Wurzel aus drei haben. Bildet man ihr Produkt, Wurzel aus drei hoch 4, was hier als Einfaltung in den Ursprung zu verstehen ist, so ergibt das 9. In diesem Mittelpunkt sind also die 9 in gleicher Weise wie die 0 enthalten. Umgekehrt ist die Null und ihre neun Potentialitäten als der Ursprung zu verstehen, aus welchem sich unsere Raumzeit entfaltet.

H y p e r k u b u s

Die Vierfältigkeit ist also der ganzheitliche Entfaltungsgrund jeglichen Wesens im Kosmos, über die vierfältige Raumzeit finden die Subjekte dieses Universums den Urgrund als ihre Identität wieder, und zwar als ihre Fähigkeit des Wählens. (Beim seltsamen Attraktor ist es die Wahl einer komplexen Zahl, die in einem laufenden Algorithmus zur Wirkung kommt.) Doch die vier Gründe weisen auf den Urgrund, auf die Urkraft, aus der alles entsteht und an der alles teilhat. Diese Kraft äußert sich zwar in allem als die Fähigkeit der spontanen Wahl, und steht dem Neutron, dass sich jetzt oder in tausend Jahren entschließen kann, in eine positive und eine negative Ladung zu zerfallen, ebenso offen wie dem Tier, welches sich etwa zu Flucht oder Angriff entscheidet. Doch während sich die Urkraft in Steinen, Pflanzen und Tieren bloß unbewusst als Erschaffung, Aufrechterhaltung und Wachstum ihrer strukturellen Existenz bekundet, wird sie beim Menschen zur bewusst verwendeten Kraft der Wandlung und Arbeit mit der Energie. Indem er sich bewusst den vierfältigen Grund vergegenwärtigt, wird in dessen Fokus die Null als einsetzbare Kraft erkennbar. Ziel aller Arbeit aber ist die Selbstaktualisierung des Menschen, die Menschwerdung.

Dago Vlasits
Vom Sinn der Zahl - Teil III · 1996
Studienkreis KRITERION
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