Schule des Rades
Dago Vlasits
Vom Sinn der Zahl - Teil III
Die Komplexe Zahl
Jede Wahl ist ein Kraftakt
, welcher die lokale Wirklichkeit von Augenblick zu Augenblick erschafft. Diese lebendige Realität als Prozess wird uns durch die Beschaffenheit der komplexen Zahlen verständlich. Sie bestehen aus einem reellen und einen imaginären Teil, letzteres sind die Wurzeln von negativen Zahlen. Imaginäre Zahlen einzuführen wurde notwendig, als man auf Gleichungen stieß, die auch solche Zahlen als Lösung hatten. Doch diese Zahlen sind eigentlich unmögliche
Zahlen. Auf der Zahlengeraden, auf welcher die Mathematiker bis zur Entdeckung der imaginären Einheit Wurzel aus — 1 die vier bekannten Zahlenarten anordneten, ist diese Zahl nicht aufzufinden. Um i zu finden — so wird nämlich die Wurzel der negativen Einheit symbolisiert — ist ein dimensionaler Schritt notwendig. Daher führte Gaus die komplexe Ebene ein, die Zahlengerade wurde zur Zahlenfläche. Jede komplexe Zahl z ist nun ein Punkt in dieser Ebene, geschrieben als Zahlenpaar bzw. als Summe einer reellen und einer imaginären Zahl (z = a + b i), wobei diese beiden die Koordinaten des Punktes in der komplexen Ebene festlegen.
Die waagrechte Achse repräsentiert den reellen Anteil der Wirklichkeit, mit ihrer irrationalen Unbestimmtheit, die imaginäre Zahl aber einen Wert, der außerhalb der reellen Welt, also in der nächsthöheren, der vierten Dimension liegt. Dieser Schritt ist nämlich nicht der Schritt von der 1. zur 2. Dimension, wie man den Schritt von der Zahlengeraden zur Zahlenfläche missverstehen könnte. Denn eigentlich ist beim Vorgang der Entfaltung der Zahlenarten jeder Schritt von einer Zahlenart zur nächsthöheren ein dimensionaler Schritt. Mit den natürlichen, den ganzen, den rationalen und reellen Zahlen sind bereits die nullte Dimension und die drei Dimensionen des Volumens gegeben, und der Schritt zur imaginären Zahl eröffnet den Zugang zur komplexen Wirklichkeit, welche ein Spiel gerichteter Kräfte in der vierten Dimension ist. (Dass aber die reduktionistisch vorgehende, formale Mathematik die Notwendigkeit der Fläche und der Geometrie erkannt hat, um die komplexe Wirklichkeit zu begreifen und zu veranschaulichen, ist allerdings als zwingender Erweis zu erachten, dass wir nur in der Fläche, also letztlich im Rad verstehen können.)
Die vierte Dimension ist ein Kontinuum, bestehend aus den unendlich vielen komplexen Zahlen. Auf der Fläche sind solche Zahlen nur Punkte, deren Koordinaten eben durch den reellen und den imaginären Teil von z festgelegt werden. Doch bildet man den absoluten Betrag von z, (rechnet also z absolut = Wurzel aus a² + b²), so zeigt sich das Wesen der komplexen Zahl, der Vektor. Der Absolutbetrag von z ist der Abstand der komplexen Zahl vom Nullpunkt, es ist eine Kraft mit Richtung.
Wird eine komplexe Zahl gewählt und in einem Algorithmus wirksam, so erzeugt sie in der Iteration eine Gestaltungslinie, bzw. eine Form, welche in ihren Einzelheiten, bzw. deren Gestaltungsprozess in den einzelnen Schritten unvorhersehbar ist, jedoch in der Zeit eine sich selbst ähnlich bleibende, global determinierte Gestalt erzeugt, wie man beim seltsamen Attraktor sehen kann. Die komplexen Zahlen haben weitestgehende praktische Anwendungen gefunden, in der Elektrotechnik werden etwa mit ihrer Hilfe Schwingungen dargestellt, und überhaupt sind sie die Grundlage aller Kraftfelder der Physik. Doch neben der Eigenschaft, die eine komplexe Zahl als Vektor eines Feldes, oder als (Anfangs)Wert in einem Fraktale erzeugenden Algorithmus oder Attraktor hat, hat eine komplexe Zahl auch noch eine Eigenschaft, welche in den genannten Anwendungen überhaupt nicht zum Ausdruck kommt. Jede Zahl in der komplexen Ebene ist quasi im Nebenberuf
der Eckpunkt eines regelmäßigen Polygons, eines Dreiecks, Vierecks, Siebenecks etc., welches konzentrisch um den Nullpunkt angeordnet ist. Woher kommt das? Ziehe ich von einer komplexen Zahl die n-te Wurzel, so erhalte ich n Lösungen. Diese sind aber im komplexen Zahlenfeld konzentrisch um den Koordinatenmittelpunkt als die Eckpunkte eines n-Ecks geordnet,(wobei ein Eckpunkt immer auf der positiven reellen Achse liegt.) Ziehe ich also von irgendeiner komplexen Zahl die 7. Wurzel etwa, so erhalte ich sieben Zahlen in der komplexen Ebene, die ein Siebeneck beschreiben, ziehe ich die 6. Wurzel, erhalte ich die 6 Zahlen eines Sechsecks, etc.
Im Grunde ist jede komplexe Zahl der Eckpunkt eines regelmäßigen Polygons, und wenn es auch ein nicht mehr imaginierbares 536 327-Eck ist. Hier sind wir aber auch beim entscheidenden Punkt angelangt, nämlich ob unser Handeln sinnvoll oder für unsere menschliche Auffassung sinnlos ist. Nur Zahlen welche einem n-Eck bis n = 9 entsprechen, sind als Sinn integrierbar. Selbstverständlich kann man auch noch höherzahlige Polygone imaginieren, wie etwa das Zwölfeck des Tierkreises. Doch ihr Sinn ist immer nur aus dem Produkt ihrer einstelligen Faktoren erschließbar, beim Zwölfeck etwa als 2×6, 6×2, 3×4 und 4×3. (Beim Tierkreis bedeutet 2×6 das Verstehen der unter Nachthälfte und der oberen Taghälfte, also die 6 Häuser der persönlichen Entwicklung und die 6 Häuser der öffentlichen Wirksamkeit, 2×6 die Tierkreiszeichen als 6 Gegensatzpaare, 3×4 sind die je 4 Zeichen des körperlichen, des seelischen und des geistigen Kreuzes, etc.)
Wenn wir hier ganz allgemein vom n-Eck sprechen, ist es natürlich klar, dass n = 1 und n = 2 eine Ausnahme bilden, es gibt kein Eineck und kein Zweieck, erst das Dreieck ist ein Polygon. Ziehe ich die 1. Wurzel einer Zahl, so ist das Ergebnis die Zahl selber, und sie ist nicht Teil eines Polygons. Ebenso bilden die 2 Lösungen beim Ziehen der 2. Wurzel einer komplexen Zahl kein Polygon, sondern liegen einander spiegelbildlich auf einer Linie gegenüber, ein Wert im positiven, der andere im negativen Bereich. Wir werden im folgenden das Wählen einer natürlichen Zahl in der komplexen Ebene als den eigentlich sinnschaffenden Akt beschreiben, und der Einfachheit halber vom n-Eck sprechen, wobei mit n die natürlichen Zahlen von 1 - 9 gemeint sind. Inwiefern nun Punkt und Linie, die Wahl der 1. und der 2. Wurzel die Teilhabe am einfältigen und am zweifältigen Sinn bedeuten, sei kurz vorausgeschickt: Im Gewahrsein der Zweiheit erkenne ich, dass jede Wirklichkeit eine gestaltbare Möglichkeit besitzt, im Gewahrsein der Einheit aber erkenne ich den einenden, heiligen und heilenden Grund aller Einzelheit, denn jedes Bewusstseinsobjekt ist ein Vektor, der seinen Ursprung in der Null nimmt.