Schule des Rades
Hermann Keyserling
Das Erbe der Schule der Weisheit
6. Heft · Der Weg zur Vollendung - 1923
Psychoanalyse und Selbstvervollkommnung · Vorwort
Vorliegender Aufsatz referiert in absichtlich skizzenhafter Form meinen Schlussvortrag zur psychoanalytischen Tagung, welche die Schule der Weisheit vom 5.- 7. März 1923 veranstaltete — absichtlich skizzenhaft deshalb, weil meine Gedanken über dieses Thema noch im Werden sind. Das gleiche Heft bringt auch eine Zusammenfassung des Vortrags Erwin Rousselles auf der betreffenden Tagung. Der von Dr. Haeberlin erscheint vorerst nicht, während der Zyklus von Oscar A. H. Schmitz, der eigentliche Kern der Veranstaltung, im Buche Psychoanalyse und Yoga (Otto Reichl Verlag) vorliegt, dessen Kenntnis die Voraussetzung des vollen Verständnisses von Rousselles und meinen Ausführungen ist. Damit aber sage ich nicht, dass Schmitz’ Auffassung sich mit der meinen durchaus deckte: er hat vielmehr seine Auffassung bei uns vertreten, wie solches jeder an die Schule der Weisheit Berufene zu tun hat, welch letztere von sich aus nur die Einstellung gibt. Dass wir eine besondere psychoanalytische Tagung veranstaltet haben, geschah ebenfalls, dem gleichen Geist entsprechend, nicht, um Psychoanalyse als solche zu lehren oder gar zu popularisieren, sondern um deren Ergebnisse durch richtigere Einstellung in den Zusammenhang des Geistesfortschritts für das Leben fruchtbarer zu machen, als sie es bisher gewesen sind. Diesen Prozess einzuleiten, erschien Oscar A. H. Schmitz auf Grund seiner persönlichen Einstellung ganz besonders geeignet. Wir haben also genau nur im gleichen Zusammenhang Psychoanalyse getrieben, wie wir einmal, im Falle Leo Baecks, für das Judentum, ebenso einmalig (im Falle Wolfgang Muffs) für das Kriegertum eintraten und bei Gelegenheit des Falles H.-B. (siehe die Broschüre Das Okkulte, Darmstadt 1923) für eine bessere Einstellung zum Okkulten. An sich geht kein Einzelproblem uns an.