Schule des Rades

Hermann Keyserling

Das Buch vom persönlichen Leben

Bibliographische Vorbemerkungen

Meine verschiedenen Werke stehen in keinem methodischen und systematischen, sondern in lebendigem Zusammenhang. Je nach Zustand und Stimmung ist zu dieser oder jener Zeit dieses oder jenes Problem in den Mittelpunkt meines Interesses gerückt, habe ich mich diesem oder jenem besonders verwandt und gewachsen gefühlt. Und dieser Wechsel und Wandel ist nicht in einsinniger Reihe erfolgt, sondern — soweit sich hier überhaupt eine Regel aufstellen lässt — in Zyklen und Perioden, bei jeder von welchen der gegebene Zustand von innen heraus bestimmte Grenzen setzte. Weitere Grenzen hat von Mal zu Mal mein Künstlertum abgesteckt: bis heute hat mir Formensinn verboten, irgendein Problem in einem einzigen Werke zu erschöpfen, weil dies dessen Rahmen gesprengt hätte; und so wird es wohl bis zum Ende meiner Tage bleiben.

Aus diesen Gründen geschieht es mir immer wieder, dass ich bei noch so neuartigen Gedankengängen an einem bestimmten Punkt auf frühere als deren Fortführung oder tiefere Begründung hinweisen muss: der Plan des gerade entstehenden Werks verbietet letztere. Das Buch vom persönlichen Leben ist nun autarkischer, als es meine meisten Bücher sind. Nur wer da vollständige Orientierung darüber anstrebt, was ich über dieses oder jenes Problem zu sagen habe, braucht zur Ergänzung andere Werke heranzuziehen. Deswegen habe ich dieses Mal soweit als irgend möglich auf Anmerkungen und Fußnoten verzichtet. Da aber vollständiges Verzichten wiederum unmöglich war, so habe ich mich für den folgenden Modus entschieden ich habe dem Text eingeklammerte und unqualifizierte Hinweise auf die Werke und Stellen eingefügt, wo der Leser was hier ein für alle Male gesagt sei — nähere Ausführungen oder Begründungen des Vorgetragenen finden wird. Und damit diese Hinweise den Fluss der Lektüre nicht stören, habe ich jedes Buch durch Buchstaben gekennzeichnet. So bedeutet:

und WV Der Weg zur Vollendung, die in numerierten Jahresheften erscheinenden Mitteilungen der Schule der Weisheit. Die weiter angegebenen römischen und arabischen Ziffern bedeuten, je nach den Umständen, Abteilungen, Kapitel- oder Seitenzahlen. Die Übersicht über meine sämtlichen bis zur Veröffentlichung dieses Werks erschienenen Bücher am Schlusse vorliegenden Bandes erteilt über letzteren Punkt die erforderliche Orientierung.

Doch wenn ich sage, dass Das Buch vom persönlichen Leben unabhängig von den anderen gelesen und verstanden werden kann, so möchte ich diese Behauptung doch in einer Hinsicht einschränken: ohne Kenntnis meiner Südamerikanischen Meditationen ist, kein Werk von mir, sogar kein vor diesen geschriebenes, tief zu verstehen. Fast jeder Geist durchlebt einen bestimmten und nur diesen Zustand, in welchem er seine ganze Fülle als einheitliche Ganzheit beherrscht und diese deshalb auf einmal herauszustellen fähig ist; früher und später mag er im einzelnen Besseres leisten — an Ganzheitswert sind diese Leistungen jener einen und einmaligen nicht ebenbürtig. Bei mir nun bedeutet nicht etwa das Reisetagebuch, als welches ein Jugendwerk darstellt, es bedeuten die Meditationen solch unwiederholbaren Ganzheitsausdruck. Da nun bei allein Lebendigen das Ganze vor den Teilen da ist und diese von innen her bestimmt, so leuchtet ein, dass auch auf geistigem Gebiete von der Summa ausgegangen werden muss, wenn ein Sonderausdruck tief verstanden und im Zusammenhang richtig beurteilt werden soll. Deswegen möchte ich alle die meiner Leser, welchen vorliegendes Buch Wesentliches sagt, und die meine Meditationen noch nicht kennen, bitten, auch diese zur Hand zu nehmen und womöglich zu meditieren.

Darmstadt, Im Januar 1936 Hermann Keyserling
Hermann Keyserling
Das Buch vom persönlichen Leben · 1936
Bibliographische Vorbemerkungen
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