Schule des Rades

Richard Wilhelm

I Ging · Das Buch der Wandlungen

Einleitung: III. Die Anordnung der Übersetzung

Die Übersetzung des Buchs der Wandlungen ist nach folgenden Grundsätzen vollendet worden, deren Kenntnis die Lektüre wesentlich erleichtern dürfte.

Die Übersetzung des Textes ist so kurz und konzis wie möglich gegeben, um den archaischen Eindruck, den er auch im Chinesischen macht, zur Geltung kommen zu lassen. Deshalb war es um so mehr nötig, dass nicht nur der Text, sondern auch ein Auszug aus den wichtigsten chinesischen Kommentaren gegeben wurde. Dieser Auszug ist so übersichtlich wie möglich gehalten. Er enthält einen Überblick über das, was das Wichtigste ist, das von chinesischer Seite zum Verständnis beigebracht wurde. Eigne Ideen und Vergleiche mit Schriften des Westens, die ja häufig sehr nahe lagen, wurden so spärlich wie möglich angebracht und immer als solche besonders kenntlich gemacht, so dass der Leser Text und Kommentar als genuine Wiedergabe chinesischer Gedanken betrachten darf. Es wird dies namentlich deshalb betont, weil manche Grundsätze so sehr mit christlichen übereinstimmen, dass es oft geradezu auffallend wirkt.

Um das Eindringen in das Werk auch dem Nichtfachmann möglichst zu erleichtern, wurde zunächst im ersten Buch der Text der 64 Zeichen mit sachlicher Erklärung gegeben. Man lese zunächst diesen Teil durch auf die Gedanken hin, die darin gegeben sind, ohne sich stören zu lassen durch die Formen- und Bilderwelt. Man verfolge z. B. das Schöpferische in seinem stufenweisen Fortschritt, wie er mit Meisterhand gezeichnet ist in dem ersten Zeichen, und nehme zunächst ruhig die Drachen mit in Kauf, wie sie nun einmal dastehen. Auf diese Weise bekommt man eine Vorstellung davon, was chinesische Lebensweisheit über die verschiedenen Lebenslagen zu sagen hat.

Im zweiten und dritten Buch folgt dann die Erklärung, warum alles so ist. Es ist da das notwendigste Material zum Verständnis der Struktur der Zeichen zusammengetragen, aber nur das absolut notwendige, und soviel wie möglich wurde nur das älteste Material, wie es in den Anhängen, den sogenannten zehn Flügeln, vorhanden ist, gegeben. Diese Flügel wurden nun soweit wie möglich an den Text aufgeteilt, um eine leichtere Übersicht zu ermöglichen, nachdem ihre sachlichen Angaben auch schon im ersten Teil im Kommentar mit verwendet wurden. Wenn man also in die Tiefen des Wissens vom Buch der Wandlungen eindringen will, ist das zweite und dritte Buch nicht zu entbehren. Andererseits sollte das Fassungsvermögen des europäischen Lesers nicht auf einmal mit allzuviel Ungewohntem belastet werden. Dass auf diese Weise einige Wiederholungen nötig wurden, musste mit in Kauf genommen werden, wird aber dem wirklich durchdringenden Verständnis des Buchs zugute kommen. Das eine kann als feste Überzeugung ausgesprochen werden, dass jedermann, der sich das Wesen des Buchs der Wandlungen wirklich zu eigen gemacht hat, dadurch bereichert wird an Erfahrung und wirklichem Lebensverständnis.

Richard Wilhelm
I Ging · Das Buch der Wandlungen
Einleitung: III. Die Anordnung der Übersetzung
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD