Schule des Rades
Richard Wilhelm
I Ging · Das Buch der Wandlungen
Erstes Buch: Der Text — Zweite Abteilung
58. Dui - Das Heitere, der See
oben Dui, das Heitere, der See | |
unten Dui, das Heitere, der See |
Wahre Freude beruht also darauf, dass im Innern Festigkeit und Stärke vorhanden sind, die nach außen hin weich und milde auftreten.
Das Urteil
Das Bild
So tut sich der Edle mit seinen Freunden zusammen zur
Besprechung und Einübung.
Die einzelnen Linien
Anfangs eine Neun bedeutet:
- Zufriedene Heiterkeit. Heil!
Eine stille, wortlose, in sich gesammelte Freude, die nichts von außen begehrt und mit allem zufrieden ist, bleibt frei von allen egoistischen Zu- und Abneigungen. In dieser Freiheit liegt das Heil, denn sie birgt die ruhige Sicherheit des in sich gefestigten Herzens.
Neun auf zweitem Platz bedeutet:
- Wahrhaftige Heiterkeit. Heil! Die Reue schwindet.
Oft befindet man sich in Beziehung zu minderwertigen Menschen aus deren Mitte andere Freuden winken, als sie dem höheren Menschen gemäß sind. Wollte man an solchen Freuden teilnehmen, so würde das sicher Reue nach sich ziehen; denn ein höherer Mensch ist mit niederen Freuden nicht wirklich zu befriedigen. Wenn man infolge dieser Erkenntnis sich in seinem Willen nicht beirren lässt, so dass man nicht an dieser Art Gefallen findet, dann wagt einem selbst eine zweifelhafte Umgebung keine unedlen Freuden anzubieten, da sie einen ja doch nicht erfreuen würden. – Damit aber ist jeder Anlass zum Bedauern beseitigt.
Sechs auf drittem Platz bedeutet:
- Kommende Heiterkeit. Unheil!
Die wahre Freude muss aus dem eigenen Innern quellen. Wenn man aber innerlich leer ist, so dass man sich an die Außenwelt verliert, so kommen die Freuden von außen herbei. Das ist es was manche Menschen als Zerstreuung begrüßen. Menschen die aus innerer Haltlosigkeit das Bedürfnis nach Zerstreuung haben, werden stets Gelegenheit haben, sich zu zerstreuen. Sie ziehen die äußerlichen Freuden durch die Leere ihres Wesens an sich. Dadurch verlieren sie sich immer mehr, was natürlich vom Übel ist.
Neun auf viertem Platz bedeutet:
- Überlegte Heiterkeit ist nicht beruhigt.
Nach Abtun der Fehler hat man Freude.
Oft befindet sich der Mensch mitten inne zwischen verschiedenen Arten der Freude. Solange man noch nicht entschieden ist, welche Art der Freude man wählen will, die höhere oder die niedere, solange befindet man sich innerlich in Unruhe. Erst wenn man klar erkannt hat, dass die Leidenschaft Leiden bringt, vermag man sich so zu entscheiden, dass man das Niedere von sich abtut und die höheren Freuden erstrebt. Ist diese Entscheidung besiegelt, so hat man die wahre innere Heiterkeit und Ruhe gefunden, und der innere Widerstreit ist überwunden.
Neun auf fünftem Platz bedeutet:
- Wahrhaftigkeit gegen das Zersetzende ist gefährlich.
Auch dem besten Menschen nahen sich gefährliche Elemente. Wenn man sich mit diesen einlässt, so wirkt ihr zersetzender Einfluss ganz langsam, aber sicher und zieht seine Gefahren unvermeidlich hintennach. Wer aber die Lage erkennt und die Gefahr zu durchschauen versteht, der weiß sich zu hüten und bleibt frei von Schaden.
Oben eine Sechs bedeutet:
- Verführende Heiterkeit.
Wenn man innerlich eitel ist, so lockt man die Freuden der Zerstreuung an und hat unter ihnen zu leiden (vgl. Sechs auf drittem Platz). Wenn man innerlich nicht gefestigt ist, so wirken die Freuden der Außenwelt, denen man sich nicht entzieht, so stark auf einen ein, dass man mitgerissen wird. Hier ist von Gefahr, von Heil oder Unheil nicht mehr die Rede. Man hat die Steuerung des Lebens aus der Hand gegeben, und es hängt vom Zufall und äußeren Einflüssen ab, was aus einem wird.