Schule des Rades

Richard Wilhelm

I Ging · Das Buch der Wandlungen

Drittes Buch: Die Kommentare — Erste Abteilung

I D E O G R A M M

17. Sui - Die Nachfolge

Kernzeichen:Sun und Gen
Die Herren des Zeichens sind die Anfangsneun und die Neun auf fünftem Platz. Der Grund, weshalb das Zeichen die Nachfolge bedeutet, ist, dass der Starke es über sich bringt, sich unter das Schwache zu stellen. Der erste und der fünfte Strich sind beide stark und stehen unter schwachen Strichen, darum sind sie die Herren des Zeichens.
Die Reihenfolge
Wo Begeisterung ist, da gibt es sicher Nachfolge. Darum folgt darauf das Zeichen: die Nachfolge.
Vermischte Zeichen
Nachfolge duldet keine alten Vorurteile.
Beigefügte Urteile
Die Heroen zähmten das Rind und spannten das Pferd an. So konnten schwere Lasten befördert und ferne Gegenden erreicht werden, was der Welt zum Nutzen gereichte. Das entnahmen sie wohl dem Zeichen: die Nachfolge.
Das Zeichen besteht aus Bewegung unten und Heiterkeit oben. Das Zeichen, welches das Erregende unter dem Heiteren zeigt, legt den Gedanken der Ruhe nahe, namentlich da auch die Kernzeichen Sun, das Sanfte, und Gen, der Stillstand, in diese Richtung weisen. So ist die Einrichtung der Zähmung des Rindes und Pferdes als Mittel zur Arbeitsersparnis zu erklären. Der Erfolg erklärt sich aus der inneren Struktur des Zeichens. Die Beförderung schwerer Lasten wird nahegelegt durch das untere Kernzeichen Gen, Berg. Das Rind, das diese Lasten trägt, entspricht der Erde (der Berg gehört zur Erde). Die Erreichung ferner Gegenden wird nahegelegt durch das obere Kernzeichen Sun, Wind, der überall hinkommt. Der Reisewagen wird gezogen durch das Pferd, das wie der Himmel beweglich ist (der Wind gehört zum Himmel).
Dui ist die jüngste Tochter, Dschen der älteste Sohn; auch im Zeichen als Ganzem, ebenso wie in den beiden Herren, stellt sich das Starke unter das Schwache, um Nachfolge zu erzielen. Die Bewegung beider Zeichen ist gleichsinnig nach oben gerichtet.
Das Urteil
Die Nachfolge hat erhabenes Gelingen.
Fördernd ist Beharrlichkeit. Kein Makel.
Kommentar zur Entscheidung
Die Nachfolge. Das Feste kommt und stellt sich unter das Weiche. Bewegung und Heiterkeit: die Nachfolge. Großes Gelingen und Beharrlichkeit ohne Makel, so folgt einem die ganze Welt.
Groß fürwahr ist der Sinn der Zeit der Nachfolge.
Zunächst wird aus der Gestalt und den Eigenschaften des Zeichens der Name erklärt. Das Feste, das kommt, d. h. von oben nach unten gerichtet ist, und sich unter das Weiche stellt, ist einerseits Dschen, das sich unter Dui stellt, andererseits die beiden Herren des Zeichens auf dem ersten und fünften Platz, die sich beide unter die weichen Striche stellen.
Dschen hat als Eigenschaft die Bewegung, Dui die Heiterkeit. Einer Bewegung, die mit Heiterkeit verknüpft ist, schließen sich leicht Nachfolger an. In der Erklärung der Worte des Textes wird ebenfalls der Grundsatz ausgesprochen, dass man erst den Dingen in der rechten Weise folgen muss, damit die Dinge einem folgen.
Das Bild
Inmitten des Sees ist der Donner:
das Bild der Nachfolge. So kehrt der Edle zur Zeit des
Abenddunkels zu Erholung und Ruhe ein.
Das Zeichen Dschen steht im Osten, Dui im Westen. Die Zeit dazwischen ist die Nacht. Ebenso ist im Jahr die Zeit gezeichnet, wo zwischen achtem und zweitem Monat der Donner im See ruht. Dadurch entsteht der Gedanke des Nachfolgens, Sichrichtens nach den Gesetzen der Natur.
Durch dieses Ruhen wird die Kraft zu neuem Handeln gestählt. Das Einkehren wird durch das obere Kernzeichen, Sun, das Hineingehen bedeutet, und die Ruhe durch das untere Kernzeichen, Gen, das Stillehalten bedeutet, nahegelegt.

Die einzelnen Linien

Anfangs eine Neun bedeutet:
  1. Das Maßgebende ändert sich. Beharrlichkeit bringt Heil.
    Zur Tür hinausgehen im Verkehr schafft Werke.
  2. Das Maßgebende ändert sich. Dem Korrekten folgen bringt Heil. Zur Tür hinausgehen im Verkehr schafft Werke. Man verliert sich nicht.

Der Strich ist der Herr des Zeichens Dschen. Er könnte als Maßgebender Nachfolge verlangen, aber er ändert sich und folgt der Sechs auf zweitem Platz; da diese Linie zentral und korrekt ist, bringt diese Ausnahme Heil. Zur Tür hinausgehen – weil nämlich der Strich sich außerhalb des unteren Kernzeichens, Gen, befindet, das die Bedeutung einer Tür hat.

Sechs auf zweitem Platz bedeutet:
  1. Hängt man sich an den kleinen Knaben,
    so verliert man den starken Mann.
  2. Hängt man sich an den kleinen Knaben: man kann nicht mit beiden zugleich sein.

Der kleine Knabe ist die schwache Sechs auf drittem Platz, der starke Mann ist die starke Anfangsneun. Die Richtung der Nachfolge legt es an sich nahe, dass die zweite Linie der dritten folgt. Allein diese ist schwach und unzuverlässig, darum der Rat, sich eher an den starken Mann unten zu halten, da man nicht beide gleichzeitig haben kann.

Sechs auf drittem Platz bedeutet:
  1. Hängt man dem starken Mann an,
    so verliert man den kleinen Knaben.
    Durch Nachfolge findet man, was man sucht.
    Fördernd ist es, beharrlich zu bleiben.
  2. Hängt man dem starken Mann an, so lässt der Wille den Unteren fahren.

Hier ist der kleine Knabe die Sechs auf zweitem Platz, der starke Mann die Neun auf viertem Platz. Entsprechend der Bewegung der Nachfolge soll man sich an den Starken vor sich halten und den Schwachen unter sich fahren lassen. Der Starke ist auf dem Platz des Ministers. Darum bekommt man bei ihm, was man sucht. Aber es gilt beständig zu bleiben, dass man nicht von der rechten Bahn abweicht.

Neun auf viertem Platz bedeutet:
  1. Die Nachfolge schafft Erfolg. Beharrlichkeit bringt Unheil.
    Mit Wahrhaftigkeit auf dem Weg zu wandeln,
    bringt Klarheit.
    Wie könnte das ein Makel sein?
  2. Die Nachfolge schafft Erfolg: das ist von unheilvoller Bedeutung. Mit Wahrhaftigkeit auf dem Weg wandeln: das bringt klare Werke.

Der Strich ist der Minister, der dem starken Strich und Herrn des Zeichens, Neun auf fünftem Platz, folgt. Dadurch erreicht er den Erfolg, dass ihm die Menschen nachfolgen, einen Erfolg, den er nicht abwehren kann, da er nicht korrekt ist (stark auf schwachem Platz). Dadurch zieht er sich Unheil zu. Das Zeichen Dschen bedeutet einen großen Weg. Der Strich ist oberhalb desselben, also auf dem Wege. Das Kernzeichen Gen bedeutet Helligkeit und Licht.

Neun auf fünftem Platz bedeutet:
  1. Wahrhaft im Guten. Heil!
  2. Wahrhaft im Guten. Heil!
    Der Platz ist korrekt und zentral.

Der obere Strich ist das Bild eines Weisen, der sich von der Welt zurückgezogen hat. Neun auf fünftem Platz, der Herrscher, folgt ihm nach; durch seine korrekte und zentrale Art ist er davor bewahrt, sich nach den unter ihm Stehenden zu richten, von denen ihm nichts Gutes kommen würde.

Oben eine Sechs bedeutet:
  1. Er findet feste Anhänglichkeit
    und wird noch dazu gebunden.
    Der König stellt ihn dem Westberg vor.
  2. Er findet feste Anhänglichkeit.
    Nach oben ist es zu Ende.

Der Strich steht an der Spitze und hat keinen mehr vor sich, dem er folgen könnte. Darum zieht er sich zurück aus der Welt. Er wird aber von dem Herrscher, Neun auf fünftem Platz, zurückgeholt durch dessen feste Anhänglichkeit. Der Westberg wird nahegelegt durch das Kernzeichen Berg und das obere Zeichen Dui, dessen Richtung der Westen ist.