Schule des Rades
Richard Wilhelm
I Ging · Das Buch der Wandlungen
Drittes Buch: Die Kommentare — Erste Abteilung
1. Kiën - Das Schöpferische
Kernzeichen:Kiën und Kiën |
Das Zeichen ist dem vierten Monat (Mai-Juni) zugeordnet, da die lichte Kraft auf der Höhe ist.
Vermischte Zeichen
Das Bild des Zeichens ist der Himmel verdoppelt, d. h. zwei aufeinanderfolgende Drehungen oder Tage.
Die Gestalt des Zeichens: Es ist aus lauter positiven Strichelementen zusammengesetzt.
Das Urteil
fördernd durch Beharrlichkeit.
Gelingengegeben. Der Erfolg der Schöpfertätigkeit äußert sich in der Bewässerung, die ein Sprossen und Keimen allen Lebens hervorruft. Während im ersten Paragraphen vom Anfang aller Wesen schlechthin die Rede ist, werden hier die einzelnen individuellen Arten in ihren besonderen Formen genannt. Diese beiden Paragraphen zeigen die Eigenschaften der Größe und des Erfolgs, wie sie sich an der Schöpferkraft in der Natur zeigen. Dementsprechend gestalten sich die Attribute der Erhabenheit und des Gelingens bei dem schöpferischen Menschen, dem Heiligen, der mit der Schöpferkraft der Gottheit in Einklang ist.
förderndund
beharrlichin Beziehung auf die Schöpferkraft der Natur erklärt. Die Art der schöpferischen Naturkraft ist nicht Stillstand, sondern dauernde Bewegung und Entwicklung. Durch diese Kraft werden alle Dinge allmählich verändert, bis sie gänzlich in ihrer Erscheinung sich umgestalten. So verändern sich und wechseln die Jahreszeiten und die ganze Welt der Kreatur in ihrem Verlauf. Dadurch bekommt jedes Ding die ihm zukommende Natur, die, von Gott aus gesehen, seine Bestimmung genannt wird. Dies ist die Erklärung des Begriffs
fördernd. Indem so jedes Ding seine Art findet, entsteht eine große und dauernde Harmonie der Welt, die durch den Begriff des Beharrlichen (Dauer und Rechtschaffenheit) ausgedrückt wird.
In diesen Erklärungen ist ein deutlicher Parallelismus zwischen dem Schöpferischen in der Natur und dem Schöpferischen in der Menschenwelt. Die Äußerungen über das Schöpferische in der Natur beruhen auf dem durch das Zeichen symbolisierten Bild des Himmels. Der Himmel zeigt die starke, unendliche Bewegung, die durch ihre Art bewirkt, dass alles zu seiner Zeit kommt. – Die Worte über das Schöpferische in der Menschheit beruhen auf der Stellung des
Herrn des Zeichens, der Neun auf fünftem Platz.
Der fliegende Drache am Himmelist das Bild für die Erhabenheit und das Gelingen des heiligen Herrschers.
Fördernd ist es, den großen Mann zu sehenist die Grundlage für die hervorragende Stellung des Heiligen, durch die die Welt zum Frieden kommt.
Das Bild
So macht der Edle sich stark und unermüdlich.
das Schöpferischeist das Bild der kraftvollen, dauernd wiederholten Bewegung. Den beiden Zeichen ist zu entnehmen, dass man aus sich selber die Kraft schöpft und dass auf jede Handlung eine neue folgt ohne Aufhören.
Die einzelnen Linien
Anfangs eine Neun bedeutet:
- Verdeckter Drache, handle nicht!
Verdeckter Drache, handle nicht!
Das Lichte ist nämlich noch unten.
Der unterste Platz ist sozusagen noch ganz unterhalb der Erde, daher der Gedanke des Verdeckten. Da der Strich aber ein ungebrochener ist, so ist das Bild des Drachen, des Symbols der lichten Kraft, gewählt.
Neun auf zweitem Platz bedeutet:
- Erscheinender Drache auf dem Feld.
Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen. Erscheinender Drache auf dem Feld.
Der Charakter wirkt schon ins Weite.
Der zweite Platz ist die Oberfläche der Erde, daher der Gedanke des Felds. Das Erscheinen auf dem Feld und das Erblicken des großen Mannes wird dadurch angedeutet, dass der Charakter des Strichelements sehr einflussreich ist, denn es ist zentral gestellt (an zweitem Platz, d. h. in der Mitte des unteren Zeichens) und steht außerdem noch zum Herrscher in der Beziehung des Platzes und der Gemeinsamkeit des Wesens.
Neun auf drittem Platz bedeutet:
- Der Edle ist den ganzen Tag schöpferisch tätig.
Des Abends noch ist er voll innerer Sorge.
Gefahr. Kein Makel. Der Edle ist den ganzen Tag schöpferisch tätig.
Man geht hin und her auf dem rechten Weg.
Der dritte Platz als Platz des Übergangs aus dem unteren ins obere Zeichen ist an sich unruhig und daher häufig nicht eben günstig. Hier aber infolge des einheitlichen Charakters aller einzelnen Striche ist auch dieser Übergang nur ein Zeichen unermüdlicher Tätigkeit, die auf dem Weg zur Wahrheit hin- und herführt. Das Hin und Her bedeutet, dass man erst im Begriff ist, sich moralisch zu festigen.
Neun auf viertem Platz bedeutet:
- Schwankender Aufschwung über die Tiefe.
Kein Makel. Schwankender Aufschwung über die Tiefe.
Der Fortschritt bedeutet keinen Fehler.
Hier ist die obere Grenze des Bereichs der Menschen im Zeichen erreicht. Ein Fortschritt zu ebener Erde ist nicht mehr möglich. Man muss wagen, den Boden unter den Füßen aufzugeben, um weiter voranzukommen, sich ins Bodenlose und Einsame aufschwingen. Hier ist der Einzelne frei – eben infolge der Möglichkeit der Lage. Jeder muss sein Schicksal selbst bestimmen.
Neun auf fünftem Platz bedeutet:
- Fliegender Drache am Himmel.
Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen. Fliegender Drache am Himmel.
Das zeigt den großen Mann bei der Arbeit.
Hier ist der Herr des Zeichens auf ausgezeichnetem Herrscherplatz; darum ist er symbolisiert als fliegender Drache am Himmel.
Oben eine Neun bedeutet:
- Hochmütiger Drache wird zu bereuen haben.
Hochmütiger Drache wird zu bereuen haben.
Denn was voll ist, kann nicht dauern.
Alles, was die äußerste Stufe erreicht hat, muss infolge des Gesetzes der Veränderung umschlagen.
Es erscheint eine Schar von Drachen ohne Haupt. Heil!
Die Art des Himmels ist es, nicht als Haupt hervorzutreten.
Das Schöpferische leitet zwar alles Geschehen, aber es tritt nie in die Erscheinung, tut sich nach außen hin nicht als Haupt hervor. So ist die wahre Stärke die, die beweglich, wie verborgen, an der Arbeit ist, ohne nach außen hin zu scheinen.
Indem alle Striche Neunen sind, verwandelt sich das Zeichen in das Zeichen Kun, das Empfangende, das ganz rezeptiv ist, daher kein Haupt zeigt.
Kommentar zu den Textworten (Wen Yen)
Vorbemerkung: Es handelt sich in diesem Buch um eine Sammlung von Kommentaren zu den beiden ersten Zeichen des Buchs der Wandlungen. Von diesen Kommentaren befassen sich zwei mit den Worten des Textes (und des Tuankommentars) zum ganzen Zeichen, während alle vier die einzelnen Strichelemente erläutern. Die Reihenfolge im Urtext ist: a) 1-9, b) 1-7, c) 1-7, d) 1-13. Im folgenden sind der leichten Übersicht halber, und um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, die verschiedenen Kommentare zusammengeordnet, wobei sie durch die beigefügten Bezeichnungen kenntlich gemacht sind.
Über das ganze Zeichen:
Hier werden die vier Grundeigenschaften des Zeichens mit den vier Kardinaltugenden der chinesischen Moral in Beziehung gesetzt.
Der Erhabenheit entspricht die Liebe.
Dem Gelingen entspricht die Sitte.
Dem Fördernden entspricht das Recht.
Der Beharrlichkeit entspricht die Weisheit.
Die vier Grundeigenschaften des Schöpferischen sind zugleich auch die Eigenschaften, die für einen Führer und Herrscher der Menschen nötig sind. Um die Menschen beherrschen und leiten zu können, ist vor allem nötig, dass man sie liebt. Ohne Liebe kann auf dem Gebiet der Herrschaft nichts Dauerndes geleistet werden. Gewalt, die durch Furcht wirkt, ist immer nur für den Augenblick. Sie erzeugt notwendig Widerstand als Gegenwirkung. Auf der Grundlage dieser Gesinnung ergibt sich als Methode für die Vereinigung der Menschen die Sitte. Nichts bindet die Menschen fester zusammen als starke Sitten, die ihre Befolgung dadurch bewirken, dass sie jedem Mitglied der Gesellschaft als das Schöne, Erstrebenswerte erscheinen. Wo es gelingt, solche Zusammenhänge von Sitten zu bilden, in denen jeder sich wohlfühlt, da lässt sich die Vereinigung und Organisierung der Massen sehr leicht bewirken. Die Grundlage des Zusammenlebens muss ferner die größtmögliche Freiheit, der größtmögliche Nutzen für alle sein. Diese werden gewährleistet durch die Gerechtigkeit, die die Ungebundenheit der Einzelnen so weit einschränkt, als es zum allgemeinen Wohle unbedingt notwendig ist. Um die gesteckten Ziele zu erreichen, ist als viertes endlich die Weisheit nötig, die sich darin erweist, dass sie die festen und dauernden Wege zeigt, die nach den unabänderlichen Weltgesetzen zum Erfolg führen müssen.
Hier werden die Eigenschaften wieder paarweise zusammengefasst. Die Erhabenheit des Schöpferischen beruht auf seiner Absolutheit, dass es der letzte Anfang von allem ist, also selbst nicht weiter bedingt, und dass es wirksam ist, d. h. selbst die Ursache von allem andern. Förderung und Beharrlichkeit, d. h. der Trieb zum Leben und die festen Naturgesetze sind es, die die Kausalität des Schöpferischen in ihrer Wirksamkeit zeigen. Der Trieb zum Leben, das Fördernde, Rechte für jedes Wesen begründet seine Natur, und diese Natur betätigt sich nach festen Gesetzen; das ist die Art aller Wesen. Während im Kommentar zur Entscheidung
die Natur auf ihre Wurzel in der göttlichen Bestimmung zurückgeführt wird, ist hier die Natur in ihrer Betätigungsart gezeigt.
Beim Schöpferischen heißt es nur: Es wirkt fördernd durch das, was ihm beharrlich zu eigen ist, durch sein innerstes Wesen. Dieses Wesen wird nicht näher definiert. Darin besteht die Andeutung unendlich vieler Möglichkeiten und Seiten seines Nutzens. Einen Gegensatz dazu bildet das Empfangende, wo es heißt: Es wirkt fördernd durch die Beharrlichkeit einer Stute.
Hier in der Welt der Erscheinungen hat jedes Ding seine bestimmte Art, die das Prinzip der Individuation ist. Aber mit dieser bestimmten Art ist zugleich eine Grenze gesetzt, durch die jedes einzelne Wesen von jedem andern geschieden ist.
Hier werden vom Wesen des Herrn des Zeichens, der Neun auf fünftem Platz, die Eigenschaften des ganzen Zeichens abgeleitet, wie das im Tuankommentar, auf den sich dieser ganze Passus bezieht, häufig der Fall ist. Der fünfte Strich ist fest, da er auf ungeradem Platz ist; stark, da er ein ungeteilter Strich ist (stark bedeutet Bewegung, fest Ruhe); er ist mäßig, weil er in der Mitte des oberen Zeichens steht; recht, weil er auf dem ihm gebührenden Platz (starker Strich auf starkem Platz) steht. In diesen vier Eigenschaften kommen wieder die vier Grundeigenschaften des ganzen Zeichens zutage. Rein, unvermischt und geistig sind diese Eigenschaften vorhanden, weil das ganze Zeichen einheitlich aus lauter starken Strichen besteht.
Infolge der Einheitlichkeit des Zeichens stehen die einzelnen Striche in einem fortlaufenden Zusammenhang, der in seinem Fortschritt die Idee des Ganzen noch weiter aufklärt. In dieser Beziehung steht das Zeichen das Schöpferische
im Gegensatz zum Zeichen das Empfangende
, wo die einzelnen Strichelemente ohne inneren Zusammenhang nebeneinander stehen. Das hängt mit dem zeitlichen Charakter des Zeichens das Schöpferische
im Gegensatz zu dem räumlichen Charakter des Zeichens das Empfangende
zusammen.
Er fährt zu seiner Zeit auf sechs Drachen gen Himmel. Die Wolken gehen und der Regen fällt:
das alles bedeutet, dass und wie die Welt zum Frieden kommt.
Durch diese Schlussbemerkung werden die entsprechenden Worte des Tuankommentars auf geschichtliche Vorgänge (Ordnung des Weltreichs) gedeutet.
Verdeckter Drache. Handle nicht.Was heißt das?
Der Meister sprach: Das bedeutet einen, der den Charakter eines Drachen besitzt, aber verborgen ist. Er wandelt sich nicht nach der Welt, er macht sich keinen Namen. Er zieht sich von der Welt zurück, aber er ist nicht traurig darüber. Er wird nicht anerkannt, aber er ist nicht traurig darüber. Hat er Glück, so führt er seine Grundsätze aus, hat er Unglück, so zieht er sich mit ihnen zurück. Wahrlich! Er ist nicht zu entwurzeln: er ist ein verdeckter Drache.
Verdeckter Drache. Handle nicht!
Der Grund ist, dass er unten ist.
Verdeckter Drache. Handle nichtl
Die Kraft des Lichten ist noch verdeckt und verborgen.
Das Verdecktsein bedeutet, dass er noch verborgen und nicht anerkannt ist, dass er noch nichts zustande bringen würde, wenn er handeln würde. In diesem Fall handelt der Edle nicht.
Erscheinender Drache auf dem Feld. Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen.Was heißt das?
Der Meister sprach: Das bedeutet einen, der den Charakter eines Drachen hat und maßvoll und recht ist. In seinen gewöhnlichen Worten selbst ist er zuverlässig. In seinen gewöhnlichen Handlungen selbst ist er sorgfältig. Er tut das Falsche ab und wahrt seine Wahrhaftigkeit. Er verbessert sein Zeitalter und rühmt sich dessen nicht. Sein Charakter ist einflussreich und gestaltet die Menschen um.
Im Buch der Wandlungen heißt es:
Erscheinender Drache auf dem Feld. Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen.Das bezieht sich auf einen, der die Eigenschaften des Herrschers hat.
Erscheinender Drache auf dem Feld.
Der Grund ist, dass er zur Zeit noch nicht gebraucht wird.
Erscheinender Drache auf dem Feld.
Die ganze Welt kommt durch ihn zur Schönheit und Klarheit.
Im Buch der Wandlungen heißt es:
Erscheinender Drache auf dem Feld. Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen.Denn er hat die Eigenschaften eines Herrschers.
Der Edle ist den ganzen Tag schöpferisch tätig. Selbst abends noch ist er voll innerer Sorge. Gefahr. Kein Makel.
Was heißt das?
Der Meister sprach: Der Edle fördert seinen Charakter und arbeitet an seinem Werk. Treue und Glauben sind es, durch die er seinen Charakter fördert. Arbeit an den Worten, so dass sie fest auf der Wahrheit beruhen, das ist’s, wodurch er seinem Werk Dauer gibt. Er weiß, wie man dazu gelangen muss, und gelangt auch dazu; dadurch vermag er den rechten Keim zu legen. Er weiß, wie man es vollenden muss, und vollendet es auch so; dadurch vermag er ihm die rechte Dauer zu verleihen. Darum ist er in seiner hohen Stellung nicht stolz und in niedriger Stellung nicht enttäuscht. So ist er schöpferisch tätig und, wie es die Umstände erfordern, besorgt, so dass er auch in gefährlicher Lage keinen Fehler macht.
Den ganzen Tag ist er schöpferisch tätig.
Das ist die Art, wie er seine Unternehmungen ausführt.
Den ganzen Tag ist er schöpferisch tätig.
Er geht mit der Zeit.
Schwankender Aufschwung über die Tiefe. Kein Makel.
Was heißt das?
Der Meister sprach: Für Aufstieg oder Abstieg gibt es keine feste Regel: nur dass man nichts Schlechtes tut; im Fortschritt oder Rückschritt gilt kein dauerndes Beharren: nur dass man nicht von seiner Art lässt. Der Edle fördert seinen Charakter und arbeitet an seinem Werk, damit er in allem die rechte Zeit trifft. Darum macht er keinen Fehler.
Schwankender Aufstieg über die Tiefe.
Er versucht seine Kräfte.
Schwankender Aufstieg über die Tiefe.
Der Weg des Schöpferischen ist hier im Begriff, sich umzugestalten.
Fliegender Drache am Himmel. Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen.
Was heißt das?
Der Meister sprach: Was im Ton übereinstimmt, schwingt miteinander. Was wahlverwandt ist im innersten Wesen, das sucht einander. Das Wasser fließt zum Feuchten hin. Das Feuer wendet sich dem Trocknen zu. Die Wolken folgen dem Drachen, der Wind folgt dem Tiger. So erhebt sich der Weise, und alle Wesen blicken nach ihm. Was vom Himmel stammt, fühlt sich verwandt mit dem, was droben ist. Was von der Erde stammt, fühlt sich verwandt mit dem, was drunten ist. Jedes folgt seiner Art.
Fliegender Drache am Himmel.
Das ist die höchste Art zu herrschen.
Fliegender Drache am Himmel.
Hier ist der Platz, der dem himmlischen Charakter gebührt.
Hochmütiger Drache wird zu bereuen haben.
Was heißt das?
Der Meister sprach: Wer vornehm ist ohne die Stellung dazu, wer hoch ist ohne das Volk dazu, bei wem die tüchtigen Leute in untergeordneten Stellungen sind, ohne dass sie eine Unterstützung finden, der wird es zu bereuen haben, sowie er sich bewegt.
Hochmütiger Drache wird zu bereuen haben.
Alles, was bis zum Äußersten geht, kommt ins Unheil.
Hochmütiger Drache wird zu bereuen haben.
Er erschöpft sich mit der Zeit.
Nur der Heilige ist es, der es versteht, vorzudringen und sich zurückzuziehen, festzuhalten und aufzugeben, ohne dass er seine rechte Art verliert. Das kann nur der Heilige!
Anmerkung:
Das Zeichen Das Schöpferischenimmt auch insofern eine ganz eigene Stellung ein, als es ganz einheitlich aus festen Strichelementen zusammengesetzt ist, die alle in einer gewissen Beziehung zueinander stehen. Sie bilden eine Stufenreihe, so dass sich gleichsam eine genetische zeitliche Entwicklung in ihnen feststellen lässt. Deshalb findet bei der Beurteilung der einzelnen Striche eine Abweichung von andern Zeichen statt. Von einem Entsprechen und Verbundensein von festen und weichen Strichen, wie das den Charakter in andern Zeichen bestimmt, kann der Natur der Sache nach nicht die Rede sein. Für die Beurteilung kommt vielmehr nur das Verhältnis von Platz und Art des Strichelements in Betracht. Es ist dabei ein charakteristischer Unterschied zwischen dem unteren und dem oberen Halbzeichen zu beachten. Im unteren Halbzeichen wird die Entwicklung des Charakters der schöpferischen Kraft geschildert, im oberen Halbzeichen die Entwicklung der äußeren Stellung. Dabei sind der erste Strich und der vierte Strich ein Anfang. Der erste Strich ganz unten, noch innerhalb des Gebiets der Erde (Platz 1 und 2), ist als verdeckt, latent bezeichnet. Der vierte Strich am untersten Platz des oberen Halbzeichens zeigt ebenfalls einen Anfang, nämlich den Wechsel der Stellung. An sich sind die Anzeichen für diesen Strich nicht günstig. Er passt nicht zu seinem Platz, ist fest auf weichem Platz. Daraus könnte man auf etwas Fehlerhaftes schließen. Allein weil das Wesen des Schöpferischen Stärke ist, so ist ausdrücklich betont, dass kein Fehler da ist. Die Divergenz zwischen Charakter und Platz des Strichs drückt sich vielmehr in der Möglichkeit der Entscheidung aus, die noch zweifelhaft ist. Überaus günstig sind die beiden Mittelstriche auf dem zweiten bzw. fünften Platz. Der zweite ist zentral und als solcher auch ohne weiteres als recht aufzufassen. Er zeigt, da er sich noch im unteren Halbzeichen befindet, die innere Art des großen Mannes, der zwar schon bekannt wird (auf dem Feld), aber noch nicht die entsprechende Stellung hat. Er muss den großen Mannauf fünfter Stelle sehen, mit dem er durch gemeinsamen Charakter verbunden ist und der als Herr des Ganzen ihm die entsprechende Stellung anweisen kann. In verstärktem Maße treffen diese günstigen Auspizien zu für den fünften Strich. Während der zweite Strich den starken Mann an schwacher, niedriger Stelle zeigt, sind beim fünften Strich innerer Charakter und Stellung im Einklang. Er ist stark auf starkem Platz, auf der Stelle des Himmels (5. und 6. Strich), dazu Herr des Ganzen. Daher ist er der große Mann, den zu sehen von Wert ist. Darum fehlt bei den beiden zentralen Strichen jede Warnung. Sie sind schlechthin günstig. Anders steht die Sache mit den beiden Endstrichen, dem dritten und dem obersten. Davon ist der dritte noch günstiger gestellt. Zwar findet sich bei ihm am Platz des Übergangs zuviel Stärke – Stärke des Charakters gesteigert durch die Stärke des Platzes –, so dass es scheint, dass Fehler zu befürchten sind. Allein, da es sich im ganzen Zeichen um schöpferische Kräfte handelt, so schadet zuviel Kraft nichts. Sie wird an der Übergangsstelle verwandt zur inneren Vorbereitung auf die neuen Verhältnisse. Anders verhält es sich mit dem obersten Strich. Hier ist das Ende des Ganzen. Aber der Charakter ist noch immer stark, obwohl der Platz schwach ist. Diese Divergenz zwischen Wollen und Können führt, da kein Ausweg möglich ist, zur Reue. |