Schule des Rades

Arnold Keyserling

Das magische Rad Zentralasiens

V. Astrologie

Wassermannzeit

Am 4. Februar 1962 war der Übergang von der Fischezeit in die Wassermannzeit mit einer absoluten Sonnenfinsternis am Übergang Löwe-Krebs in der sakralen Geographie, über Neuguinea. Das plutonische Modell rastete ein. Der Himmel ist offen. Die heiligen Bücher — die Bibel, die Vedas, der Koran, der I Ging, aber auch kleinere Offenbarungen — werden nun zum Stoff der Selbstaktualisierung, der Verbindung von Ich und Selbst zum Wesen.

H o r o s k o p - d e s - B e g i n n s - d e r - W a s s e r m a n n z e i t

Die Wassermannzeit ist gegenüber dem Löwen, die Neue Erde ist dem Wort zugänglich. Die Zweiheit des Göttlichen, jüdisch Elohim und Jahwe, indianisch Wakhan als Urgrund des Raumes und Skwan als Ursprung der Zeit, schaffen den Zugang zu Urkraft und Urlicht, Mikrokosmos und Makrokosmos. Die Zeit der Reichsbekenntnisse und Ideologien ist vorbei; fortan zählt nur noch die Selbstaktualisierung. Geheime Traditionen werden zugänglich, der Weg der Weisheit und Fülle wird wieder gangbar. Die Erkenntnis der Zahlen des Rades, der Parameter von Raum und Zeit tritt an die Stelle der Bekenntnisse. Durch die technologische Computergesellschaft, Körper-denken, wird klar, dass jeder fortan zum Sinn berufen ist.

Der Mensch im All offenbart sich als Ziel und Wurzel allen Strebens. An die Stelle von Königen, Helden oder Führern im jupiterischen Sinn — positiv Cäsar und Mohammed in ihrem zwölfjährigen Wirken, negativ Hitler in der Zerstörung der Reste des Heiligen Reiches, also gleichsam durch das auf die Erde gebrachte Jüngste Gericht — tritt nun der einfache Mensch, der Handwerker und Demiurg im altgriechischen Sinn, der Arbeiter, der zum Träger der neuen sechsten Periode der Menschheit wird. Damit ist die Zeit der Arbeit als Fron beendet; das Menschentier vereint sich mit dem Gottmenschen, der Weg zum Himmel ist fortan offen. Mit dem VI. Haus, in Entsprechung zum Lebenskreis mit fünfunddreißig Jahren, dem Eintritt in die Arbeit, sind alle jene gleich, die ihre Arbeit meistern und den Weg zur Fülle finden.

Im Lebenskreis bestimmt das XI. Haus des Wassermann die Freundschaft. Freund ist nicht der Kamerad oder Kollege, sondern jener, den man als Anderen erkennt und bejaht, als Brücke zwischen Himmel und Erde. Jeder wird Kaiser und Papst in einer Person, wie jeder am Ende der Widderzeit im Christentum zum Propheten und Heiler aufgerufen war: das ganze Rad ist offenbar.

Es wird wohl lange dauern, bis die neue Mentalität sich durchsetzt. Erst nach 2.160 Jahren werden sich alle jetzt angelegten Keime verwirklicht haben. Was die künftigen Zeiten an Neuem bringen werden, lässt sich nur aus dem Gegensatz zu den früheren vermuten. Die Steinbockzeit wird wohl die Familie heiligen, in der Schützezeit wird der kosmische Zusammenhang mit dem ganzen Himmel offensichtlich. Die Skorpionzeit verwandelt den Tod in eine Schwelle, der Mensch kann hüben und drüben leben, im Diesseits und Jenseits, wie es Gustav Meyrink beschrieb. Die Waagezeit ordnet das Recht und die Gesellschaft auf Gott. In der Jungfrauzeit erstreckt sich die Zivilisation auf den Himmel. In der Löwezeit erscheint das Neue Paradies, die Neue Erde vereint sich mit der alten, alle Arbeit wird sinnvoll.

Das ist das Alte, was erfüllt werden wird. Aber da jedes Zeitalter auch Neues bringt, was unvoraussehbar ist und auch von der Leistung der Menschen im Werk der Zivilisation abhängt, sollten wir es weder fixieren noch beschreiben; denn falsche Erwartung zerstört die echte Zukunft.

Die Wassermannzeit verwandelt die Arbeit in Spiel. Man überwindet die Hölle der plutonischen ewigen Wiederholung, den zerstörenden Aspekt der Technologie, indem man im Gegenzeichen Löwe zur Spontaneität und damit zur echten Kindlichkeit zurückfindet, zum magischen Kind als Born des Wesens.

Arnold Keyserling
Das magische Rad Zentralasiens · 1993
Schlüssel der Urreligion
© 1998- Schule des Rades
HOMEDas RAD