Schule des Rades

Arnold Keyserling

Das magische Rad Zentralasiens

I. Semiotik

Verhältniswort,

die vier Fälle der Deklination

V i e rHabe ich das Wort, seine Unterbegriffe im Sinn der zweiten Wortart, und schließlich die Möglichkeit, die Erkenntnis über die dritte Wortart voranzutreiben, dann kommt als vierter Schritt die Ebene der Vorstellung, die durch das Verhältniswort ausgedrückt ist und durch das Quadrat zu veranschaulichen ist. Der Nominativ ist Erbe des Seins, der Akkusativ Erbe des Habens, und der Dativ — der gegebene Fall als Beziehung — vermittelt. Der vierte Aspekt ist der Genitiv und Possessiv; die Vorstellung wird Teil aller Vorstellungen.

Wenn ich ein Verhältniswort verwende, dann ist die Mitte des Schemas nullhaft im Unterschied zum Kreis. Verhältnisworte gibt es nur in Beziehung zu einer unausgesprochenen Mitte. Ich fahre nach Paris; von wo? Ich komme nach ihm, räumlich hinter, zeitlich später. Paris ist weit — von wo? diese wo wird in der Deklination und Präposition nicht einbegriffen. Somit ist die vierte Wortart ein Abschluss der Entwicklung, der sprachliche Raum ist umrissen; darum blieb die aristotelische Grammatik dabei stehen und verwandte die weiteren Wortarten nur als Ergänzung — Adverb zum Verb, Adjektiv zum Substantiv.

Auf deutsch können Verhältnisworte wie an, auf, hinter, in, über, unter, neben, vor und zwischen verschiedenen Fällen in Bewegung und Ruhe regieren. Ich lege das Buch auf den Tisch — das Buch liegt auf dem Tisch. Ich hänge das Bild an die Wand, das Bild hängt an der Wand.

Die Vier ist das große Geheimnis. Sie ordnet alles was es gibt um den nullhaften Mittelpunkt, der dann im Kreis zur ernsthaften Mitte des Selbstes wird. So kann man sich die Null als Zentrum der vier Richtungen vorstellen, Osten, Westen, Süden und Norden. Wenn ein Mensch wie in der jungsteinzeitlichen Revolution eine Mitte schuf und von dort aus die Richtungen ausmaß, dann verlor er die Angst vor der Traumwelt, in der er sich fremden Mächten wie im Wahn ausgeliefert fühlte.

Hierbei ist der Osten als entscheidender Ort der Nominativ, aus ihm erfließt die Offenbarung der Wesenswerdung. Der Westen mit Entscheidung und Wahl ist der Akkusativ, der Süden als gegebene Mitmenschlichkeit der Dativ, und der Genitiv schließlich als Gesamtzusammenhang die Eingliederung in die Strategien des Nordens, das Finden der Mitte des Nachthimmels im Polarstern. Zwischen den beiden unteren Spitzen des Enneagramm, 4 und 5, besteht keine Beziehung. Mit den Schritten 1 bis 4 ist ein Zusammenhang abgeschlossen, ebenso wie bei den Dimensionen. Das Fünfte als Mitte des Vierecks ist ungreifbar, wird nur durch die Diagonalen geschaffen, die zu den Seitenlängen des Quadrats irrational sind. Im Fünfeck dagegen, dem Pentagramm, gibt es keine Mitte, dafür aber die zehn Diagonalen.

Arnold Keyserling
Das magische Rad Zentralasiens · 1993
Schlüssel der Urreligion
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